Vor 10 Jahren war Nation-Branding ein wirklich heißes Thema in Österreich. Dazu schrieb ich im April 2012 an dieser Stelle: „Neben dem Nation-Branding-Konzept des Wirtschaftsministers wird es jetzt auch ein Parallelkonzept unter dem Titel 21stAustria (www.21st-austria.at) geben. Dahinter stehen laut dem Kurier vom 14. April 2012 etliche heimische Spitzenmanager gemeinsam mit der Wiener Börse und der Oesterreichischen Nationalbank. Es geht dabei darum, den Standort Österreich als modern und innovativ jenseits unseres Mozart- und Sisi-Images zu positionieren.“
Die stärksten Nationenmarken der Welt
Wenn man aktuell einen Blick auf die stärksten Nationenmarken der Welt laut Brand Finance wirft, dann lag Österreich im Jahr 2021 auf Platz 25 und damit aus rein europäischer Sicht hinter Deutschland, UK, Frankreich, Italien, Spanien, Schweiz, Schweden, Polen und Belgien.
Wenn man in diesem Ranking den Blick weiter zurückwirft, zeigt sich folgendes Bild für Österreich:
Jahr ….. Platz
2020 ….. 26
2019 ….. 29
2018 ….. 25
2017 ….. 27
2016 ….. 22
2015 ….. 25
Vor 2015 wurden, wie es aussieht, keine wirklich vergleichbaren Zahlen erhoben. Das heißt aber auch, dass sich Österreich in den letzten Jahren trotz „Nation-Branding“ nicht wirklich verbessert hat.
Das generelle Nation-Branding-Problem
Damit stellt sich aber auch für Frage, wofür steht Österreich als Nationenmarke wirklich? Diese Frage lässt sich mit Sicherheit nicht einfach beantworten, weil Nationen in der Regel extrem vielfältig sind. Nur wenn man genau diese Vielfalt einer Nation auf einmal mit nur einer generellen Idee kommunizieren möchte, endet man in der Regel als weiteres vielfältiges Land unter vielen vielfältigen Ländern.
Das Problem wird noch dadurch verstärkt, dass Nationen nicht nur viele Facetten haben, sie haben auch noch viele verschiedene Zielgruppen inklusive der eigenen Bevölkerung. So möchte man als erfolgreiche Nation-Brand natürlich mehr Touristen, mehr Investoren, mehr Unternehmen, die sich ansiedeln, mehr qualifizierte Einwanderer, mehr Wissenschafter aus aller Welt und mehr Exporte für die eigene Wirtschaft generieren. Mehr! Mehr! Mehr! Und das in allen Bereichen! Dazu schrieb ich 2012: „Der Standort Österreich ist nicht das Urlaubsland Österreich. Wenn man für beides im Sinne eines „Nation-Brandings“ eine gemeinsame Klammer sucht, ist man von Anfang an zum Scheitern verurteilt.“
Den Fokus doppelt verengen
Was aber könnte Österreich dann tun? Dazu würde ich zuerst einmal klar zwischen dem Wirtschaftsstandort Österreich und dem Tourismusland Österreich unterscheiden. Nur auch das alleine ist zu wenig. Denn wirklich entscheidend ist dann, dass man jeweils global einen klaren Fokus definiert, den man auch aktiv leben und erlebbar machen kann. Dabei könnte Österreich dann global sogar zwei verschiedene Absender nutzen.
(1) Der Wirtschaftsstandort aus globaler Sicht: Dazu schrieb ich 2012: „Dabei muss man vor allem drei Punkte beachten: Erstens sollte sich Österreich global als Wirtschaftsstandort von Weltklasse positionieren. Zweitens sollte diese Idee sofort auch beweisbar sein. Drittens sollte sich diese Idee einfach visualisieren lassen. Wenn man diese drei Punkte in Betracht zieht, kann es nur eine Lösung geben: Standort Österreich ….. Land der Hidden Champions“. Dabei könnte man dann diese Idee mit den Logos diverser Hidden Champions visualisieren und glaubwürdig machen.
(2) Das Tourismusland aus globaler Sicht: Auch wenn Österreich global gesehen ein sehr kleines Land ist, hat es touristisch unheimlich viel zu bieten. Wir haben Kulturstädte wie Wien oder Salzburg, wir haben die Alpen, die im Winter zum Skifahren und im Sommer zum Bergsteigen oder Wandern einladen. Wir haben grüne Landschaften und Seen mit Trinkwasserqualität. Natürlich haben wir – global gesehen – auch das Problem, dass „Austria“ gerne mit „Australia“ verwechselt wird. Hier könnte es – global gesehen – enorm Sinn machen, dass man alle Kräfte auf Wien konzentriert. Wien könnte so zum Leadprodukt werden, um der Welt Österreich näher zu bringen. So könnte man Wien etwa als „Die Kulturhauptstadt der Erde“ positionieren. Das Ziel: Möglichst viele Touristen nach Wien bringen, damit diese dann von dort aus Österreich entdecken. Das heißt: Außerhalb von Europa könnte es enorm Sinn machen, alle Kräfte der Österreich Werbung auf Wien zu fokussieren.
Das Prinzip des Heiligenschein-Effekts
Wie also könnte man die Nation-Brand Österreich stärken? Die Antwort: Indem man auf den Heiligenschein-Effekt setzt: Je stärker Österreich global als Wirtschaftsstandort und Wien global als Tourismusdestination positioniert ist, desto stärker wird Österreich in Summe wahrgenommen werden. Das heißt aber auch, dass das konkrete Tun in spezifischen Bereichen sehr viel wichtiger als die eine kommunikative Klammer im Sinne eines „Nation-Brandings“ ist. So steht selbst der Berater Simon Anholt dem Begriff Nation-Branding, den er einst prägte, mittlerweile kritisch gegenüber. So erklärte er bereits 2012 in einem Interview: „Selbstverständlich ist das nicht der Fall: ich forsche und arbeite seit fast zwanzig Jahren in diesem Feld und habe noch keine einzige Fallstudie von einem Land oder einer Stadt gesehen, der oder dem es tatsächlich gelungen wäre, seinen oder ihren internationalen Ruf durch Marketingkommunikation zu verbessern.“ Genau das sollte jede und jeder bedenken, die oder der heute immer noch nach der einen großen allumspannenden Klammer für ein Land sucht.