Im Dezember 1994, also vor 20 Jahren stieg Sony in den Markt für Spielkonsolen ein. Damals waren die beiden dominanten Player Nintendo und Sega. Heute sind die dominanten Player Nintendo, Sony (mit der PlayStation) und Microsoft (mit der XBox).
Das Gesetz der Dualität
Eines der wichtigsten konzeptionellen Marken- und Markengesetze ist das Gesetz der Dualität. Dies besagt: „Letztendlich bleiben in so gut wie jedem Markt zwei dominante Player übrig.“ So haben wir heute Duos wie Coca-Cola und Pepsi-Cola, Visa und Mastercard, McDonald’s und Burger King, Boeing und Airbus, iPhone und Samsung Galaxy, Persil und Ariel, Milka und Ritter Sport oder H&M und Zara.
So gesehen sollte man es als Marke tunlichst vermeiden, wenn man in einem Markt nur die Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5, … ist. So meinte auch einst der amerikanische Marketingexperte Larry Light, dass Nr. 3- oder Nr. 4-Marken Hobbys, aber keine Geschäfte sind. Gegen dieses Gesetz etwa verstießen Marken wie Siemens oder Philips, als diese in den 1990er Jahren in den Handy-Markt einstiegen.
Das Gesetz der nächsten Generation
Was aber sollte man dann tun, wenn man in einen lukrativen Markt einsteigen möchte, in dem es bereits zwei Marktführer gibt. Dazu hat man konzeptionell gesehen zwei Möglichkeiten.
(1) Man kreiert eine neue Produktkategorie. Das machte etwa Apple mit dem ersten Nur-Touchscreen-Smartphone, also dem iPhone. Damals bestand bei Mobiltelefonen das Führungsduo aus den Marken Nokia und Samsung. Dies machte etwa Dr. Best mit der ersten nachgebenden Zahnbürste im Wettbewerb gegen Blend-a-dent und Oral-B.
(2) Man schafft es, das eigene Produkt als „ein Produkt der nächsten Generation“ zu positionieren. Dieser Ansatz funktioniert überall dort, wo es gelingen kann, den Kunden in einfacher Art und Weise Generationssprünge zu erklären. Der Superprofi auf diesem Gebiet ist natürlich Gillette. So hatten wir eine Sicherheitsklinge, dann zwei Klingen, zwei bewegliche Klingen, zwei bewegliche Klingen mit Schwingkopf, drei Klingen und aktuell mit dem Fusion 5 Klingen. (Nur bei 4 Klingen war Wilkinson mit dem Quattro schneller, aber Gillette konterte sofort mit 5 Klingen.)
Von Sony lernen
Wie aber sah in den 1990er Jahren das Erfolgsmuster von Sony bei Spielkonsolen aus? Es war relativ einfach: Die Sony PlayStation 1 war die erste 32-Bit-Spielkonsole, die so neue Spielstandards aufstellte. Damit ergab sich damals ein einfaches Generationssprung-Muster:
Atari ….. 4-Bit
Nintendo Game Boy ….. 8-Bit
Sega Mega Drive ….. 16-Bit
Sony PlayStation ….. 32-Bit
Interessant dabei aus Markensicht ist zusätzlich, dass die Sony PlayStation nicht die einzige 32-Bit-Spielkonsole war. Auch Sega hatte mit der Sega Saturn zeitgleich bereits eine solche im Programm. Aber Sony hatte nicht nur in diesem Fall das bessere Marketing, sondern vor allem auch den besseren Namen. Sega wurde generell in der 16-Bit-Welt gesehen. Die PlayStation war die 32-Bit-Spielkonsole. Sie war die neue heiße Spielkonsole in der neuen heißen 32-Bit-Welt. Der Markenname war also Programm. Sony gelang so mit einem Produkt der nächsten Generation der Einsteig in die Welt der Spielkonsolen.
Von DEC lernen
Etwa zur selben Zeit, also auch Anfang, Mitte der 1990er Jahren war ein einstiger Computer-Superstar in echten wirtschaftlichen Schwierigkeiten. So hatte Digital Equipment (kurz DEC), einst das zweitgrößte Computerunternehmen der Welt, in den 1980er und 1990er Jahren wichtige Entwicklungen, wie etwa den Business-PC verschlafen.
Die ganze Hoffnung lag damals auf der AlphaStation, einer Serie von neuen Workstations, die auf einem gänzlich neuen Chip mit dem Namen Alpha beruhte. Nur statt die AlphaStation als die erste 64-Bit-Workstation gegen die herkömmlichen 32-Bit-Workstations der anderen Anbieter zu positionieren, wurde diese als die schnellste Workstation dieser Erde vermarktet.
Ein schwerer Fehler! Was ist schon ein bisschen schneller in einer schnelllebigen und schnellen Computerwelt. DEC versäumte es letztendlich ganz klar, einen neuen Standard zu setzen. So endete die AlphaStation letztendlich als eine weitere schnelle Workstation unter vielen schnellen Workstations und besiegelte auch mit das Schicksal von DEC. So wurde DEC ein Teil von Compaq und Compaq später ein Teil von Hewlett-Packard.
Generationssprung statt Nutzen kommunizieren
Viele Unternehmen hatten und haben die Chance, mit neuen Generationen neue Standards zu setzen. Nur viele Unternehmen vergaben und vergeben diese Chance a la DEC, weil man zu sehr auf den Nutzen der neuen Generation fokussiert ist, statt zuerst die neue Generation zu positionieren, um dann daraus den oder die Nutzen abzuleiten.
So hieß es nicht umsonst im Slogan von Duracell, dass eine Duracell Alkali entscheidend länger hält als eine herkömmliche Zinkkohle-Batterie. Alkali war damals der neue Standard bei Batterien. Umso überraschender ist es für mich, dass keine Marke das Thema Lithium bei Batterien nutzte, um wieder einen Generationssprung für sich zu erzielen.
Ja, lieber Michael Brandtner, aber wie genau einen „Generationensprung“ kommunizieren?
Mir hat in meiner Trainee-Zeit in den 90er Jahren ein bekannter Konsumgüter-Manager ein paar kleine Tricks verraten. Unter anderem meinte er, man könnte und sollte die Worte „herkömmlich“ und „anders“ verwenden.
Als vorbildhaft nannte er die Marke CIF und den entsprechenden Fernsehspot in Österreich. Da hieß es lange: „Herkömmliche Scheuermittel können kratzen. CIF nicht. Denn CIF ist anders.“ Und dann wurde erklärt, warum CIF einen Generationensprung erreicht hat.