Markentransformation: Media-Markt zwischen Opel und dm

Mit dem aktuellen Weihnachtsspot startet Media-Markt laut Medienberichten eine neue Ära der Marke. Es gehe dabei um mehr als nur einen Spot, es gehe um die Transformation, Neupositionierung und Neuausrichtung der Marke. So wird relativ langatmig zum Lied „What a wonderful world“ eine Geschichte rund um Weihnachten, rund um Geschenke und rund um ein rotes M von Media-Markt erzählt. Der Slogan dazu lautet: Hier geht’s um mich. Zudem möchte Media-Markt somit auch eine Lovebrand werden.

Umlernen ist schwerer als lernen

Wenn man sich die meisten sogenannten Repositionierungskampagnen ansieht, dürfte das Ganze auf alle Fälle in der Theorie ganz einfach sein. Man braucht nur den einen emotionalen Spot als Kampagnenauftakt, der alles ändert, und schon denken die Kunden neu über die Marke. So wird dann aus einer Marke, die gestern noch für „Ich bin doch nicht blöd“ stand, über Nacht oder besser über Weihnachten zur Lovebrand.

Im Marketing-Weihnachtsmärchen mag dies funktionieren. In der Realität sieht das Ganze doch etwas anders aus. Das liegt ganz vor allem daran, dass für uns Menschen das Umlernen schwieriger ist als das Neulernen. Das weiß zum Beispiel jeder, der sich einmal eine Sportart falsch eingelernt hat. So ist es bedeutend schwieriger, einmal Gelerntes umzulernen, als wenn man das Ganze von Anfang an richtig gelernt hätte. Das gilt auch für Marken.

Sich strategisch und operativ im Kreis drehen

Dabei müsste man es bei Media-Markt eigentlich viel besser wissen. So wollte auch Saturn schon einmal zu Weihnachten 2017 mit dem einen Spot, von dem viele glaubten, dass er zum Klassiker hätte werden können, die Marke neu, menschlicher und sympathischer ausrichten. Dazu hieß es etwa: „So feiern Saturn und Jung von Matt die Menschlichkeit“. Der Claim damals lautete: Du kannst mehr.

Im Oktober 2018 hieß es dann: „Saturn gibt Markenkampagne „Du kannst mehr“ eine zweite Chance“. Im Oktober 2019 hieß es dann: „Media-Markt und Saturn treten in Promi-Kampagne gegeneinander an“ bzw. „Media Markt und Saturn in der Krise: Jetzt sollen Boris und Bibi es richten“. Und im Oktober 2020 heißt es bzgl. Saturn: „Auch für Saturn soll Anfang 2021 eine neue Positionierung vorgestellt werden, die sich nach wie vor auf die Technikbegeisterung konzentrieren soll.“

Was Media-Markt und Saturn beruhigen mag, ist, dass man nicht alleine ist. Viele Marken, die einmal den roten Faden in der Markenführung verloren haben, drehen sich ab diesem Zeitpunkt im Kreis. So wechselt dann eine Kampagne die nächste ab. Nehmen Sie etwa Ricola! Von 1997 bis 2013 hatte man rund um den Slogan „Wer hat’s erfunden?“ eine klare und einprägsame Positionierung und Werbelinie. Und heute? Kennen Sie den aktuellen Slogan und die aktuelle Kampagne? So lebt Ricola heute immer noch mehr vom „Markenvermächtnis“ als von den aktuellen Markenaktivitäten.

Die Position(ierung) entscheidet

Das zeigt aber noch eines. Nicht jede Marke ist von diesen „Markenspielereien“ gleich betroffen. Je stärker die Position einer Marke in der Wahrnehmung der Kunden ist, desto weniger Schaden richten kurz- und oft auch mittelfristig diese ständigen Kampagnenwechsel an. So hatte Coke alleine seit dem Jahr 2000, also in den letzten 20 Jahren sieben verschiedene Slogans wie „Coca-Cola. Enjoy”, „Life Tastes Good”, „Real”, „Make It Real”, „The Coke Side of Life“, „Open Happiness“ und aktuell seit 2016 „Taste the Feeling“.

Pepsi-Cola wiederum hatte seit Mitte der 1990er Jahre Slogans wie „Gotta Have It”, „Be Young, Have Fun, Drink Pepsi”, „Nothing Else is a Pepsi”, „Generation Next”, „The Joy of Pepsi”, „Think Young Drink Young”, „It’s the Cola”, „Refresh Everything”, „Live for now” oder „For the Love of It“. Aus Werbesicht verhalten sich beide Marken extrem ähnlich. Der Unterschied liegt nur in der Position in den Köpfen der Kunden. Coca-Cola steht in unserer Wahrnehmung für das Original, als für das echte und wahre Cola. Pepsi-Cola wird maximal nur als Alternative oder schlimmer als Kopie wahrgenommen.

So waren und sind auch die vielen Slogan- und Kampagnenwechsel für eine Marke wie Opel fatal. So hat auch diese Marke spätestens in den 1990er Jahren endgültig den roten Faden verloren. Opel hatte in den letzten drei Jahrzehnten Slogans wie „Technik, die begeistert“, „Wir haben verstanden“, „Bessere Autos für eine bessere Umwelt“, „Frisches Denken für bessere Autos“, „Entdecke Opel“, „Autos zum Leben“ oder bis vor kurzem noch „Die Zukunft gehört allen“. Daneben gab es noch die „Umparken im Kopf“-Kampagne. Vielleicht noch interessanter dazu, auch in Bezug auf die aktuelle Media-Markt Kampagne ist, dass auch Opel im Jahr 1990 emotional auf „What a wonderful world“ setzte.

Zwischen Opel und dm

Zusammengefasst gesehen würden auch Media-Markt und Saturn diese ständigen Kampagnenwechsel wenig(er) schaden, wenn sich nicht durch das Internet das eigene Marken- und Marktumfeld komplett verändert hätte. Denn wäre das nicht passiert, wären dies nur nette Werbespielereien zweier führender Marken mit defacto wenig Auswirkungen auf den Markterfolg.  

So aber bewegt sich Media-Markt – strategisch gesehen – bereits ein wenig auf den Spuren von Opel und – operativ gesehen – möchte man, wenn man Werbespot und Slogan näher betrachtet, wohl so eine Art „Elektro dm“ werden. Nur haben heute weder Media-Markt noch Saturn ein echtes Werbeproblem. Vielmehr hat man ein strategisches Markenproblem, das sich mit Werbung alleine nicht lösen lässt. Was Ceconomy, die Mutter von Media-Markt und Saturn heute brauchen würde, ist ein neues Mehr-Marken-System, das perfekt im Internetzeitalter funktioniert, nämlich mit einer führenden stationären Marken und einer führenden Online-Marke.

Erschien im Original auf Horizont.net

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