Vor 40 Jahren erschien der Klassiker Positioning: The Battle for Your Mind von Al Ries und Jack Trout das erste Mal in den USA. Zu diesem Jubiläum präsentierte Al Ries kürzlich in einem Artikel mit dem Titel „The Positioning Revolution“ die vier wichtigsten Gesetze der Positionierung, die damals wie heute ihre Geltung haben. In diesem Beitrag geht es jetzt um das dritte Gesetz der Positionierung.
Das dritte Gesetz der Positionierung oder warum Nicht-Marktführer den Fokus verengen sollten
Die meisten Markenprogramme dieser Erde scheitern, weil man a) zu viel will und b) weil man daher zu viel kommuniziert. Eines der besten Beispiele dafür war BMW in den USA. Als BMW in den 1960er Jahren den amerikanischen Markt erobern wollte, dürfte die zentrale Devise so gelautet haben: „Wir müssen mit möglichst vielen rationalen und emotionalen Botschaften die Kunden von den vielen Vorzügen unserer Marke überzeugen.“ Um besser zu verstehen, worum es geht, sollten wir dazu einen Werbeausflug in die 1960er und frühen 1970er Jahre machen. Dazu sollten wir uns einmal einige damalige Headlines von BMW in den USA ansehen:
„Our new BMW is a unique combination of luxery, performance and handling. And it’s amazingly easy on fuel.”
“Efficiency expert.”
“Think fast”
“Hot Car from Bavaria.”
“Fast-Poke.”
“Secretly, it’s a sport car.”
“Bavarian cream.”
“Guts.”
“For performance, handling and great fuel mileage, my new BMW has got to be the best engineered car in the world.”
“Germany builds great luxury cars. BMW is the one that’s fun to drive.”
“The BMW 2002 Tii. It’ll really move you.”
Nach 10 Jahren lag man mit dieser Marken- und Werbestrategie gerade einmal auf Platz 11 der Importautos in den USA, nämlich hinter VW, Capri, Fiat, Opel, Volvo, Audi, Mercedes, MG, Porsche und Triumph. Im Jahr 1973 änderte man dann bei BMW in den USA radikal die Strategie. Statt weiterhin auf viele verschiedene Botschaften und Nutzen zu setzen, fokussierte man alle Markenkräfte auf die Idee „Driving“. „The ultimate driving machine“ wurde zum Fokus und zum Schlachtruf der Marke. Damit stieg man vom Platz 11 bei den Importen sogar zur Nummer 1 im Premiumsegment in den USA auf. Diese Position hatte man auch 2020 wieder inne. So lag BMW mit 278.732 verkauften Autos knapp vor Lexus mit 275.041 und Mercedes-Benz mit 274.916.
Akzeptieren, fokussieren und dramatisieren
Nur um eine Marke erfolgreich zu fokussieren oder zu refokussieren, muss man zuerst einmal die Wahrnehmung und das Gedächtnis der Kunden studieren. Vor allem muss man die Position des Marktführers akzeptieren, um dann darauf aufbauend den eigenen Markenfokus zu entwickeln.
Dazu sollten wir uns noch einmal BMW ansehen. In den 1960er Jahren war Mercedes-Benz der Inbegriff für Prestige und Fahrkomfort. Ein Mercedes war eine Art „fahrendes Wohnzimmer“. Bei BMW akzeptierte man nicht nur diese Position, man fokussierte die Marke dann auf die genau gegenteilige Position, nämlich Fahrfreude.
Aber auch das alleine wäre zu wenig gewesen. Entscheidend war dann, dass man Fahrfreude wirklich dauerhaft zum Fokus der Marke machte, also dass man diese Idee am Markt, in der Wahrnehmung der Kunden Tag für Tag dramatisierte. Das heißt aber auch: Eine starke Position in der Wahrnehmung der Kunden ist das Ergebnis. Eine der besten Strategien, um solch eine starke Position zu erreichen, ist den Fokus der eigenen Marke zu verengen. Damit kommen wir auch gleich zur dritten Lektion der Positionierung.
Die dritte Lektion der Positionierung
Beim zweiten Gesetz der Positionierung schrieb ich: „Wenn Sie heute für eine marktführende Marke verantwortlich sind, sollten Sie nie, wirklich nie die Macht einer Führungsposition unterschätzen.“ Dasselbe gilt auch, wenn Sie für eine nicht-marktführende Marke verantwortlich sind. Denn auch hier sollten Sie – strategisch gesehen – mit der dominanten Führungsposition des Marktführers in der Wahrnehmung der Kunden starten, um dann durch Verengung des Fokus eine Gegenposition und damit Teilmarktführerschaft aufzubauen. So einfach in der Theorie, oft so schwer in der Praxis.
PS dazu: Die meisten Marken- und Marketingprogramme scheitern, weil es den Verantwortlichen extrem schwer fällt, dass man die Position des Marktführers akzeptiert. So agieren viele Nicht-Marktführer so, als ob sie selbst Marktführer wären. Das ist keine gute Idee, denn so sind die Chancen mehr als nur gering, dass man aus dem mentalen Schatten des Marktführers kommt. Das gilt speziell auch für die „unendliche Welt“ des Internets.