In der Tageszeitung Kurier vom 11. Dezember dieses Jahres wurde unter der Headline „Die neue Strategie der OMV“ die Neuausrichtung des Konzerns anskizziert. Im Kern geht es dabei darum, wie in diesem Artikel berichtet wird, dass die OMV ab 2025 ihre Öl- und Gasförderung langfristig zurückfahren wird, um gleichzeitig in Richtung Innovation und Nachhaltigkeit zu wachsen.
Passendes Werbeinserat aus Managementsicht
Dazu gab es in derselben Ausgabe des Kuriers auch gleich ein passendes ganzseitiges Werbeinserat der OMV mit der Headline „WIR MACHEN, WAS DU ZUM SKIFAHREN BRAUCHST.“ Darunter hieß es dann „Innovative Materialien von der neuen OMV.“ Und weiter im Text: „Vom Helm bis zur Skiausrüstung, von der Brille bis zum Ski-Outfit – für den perfekten Skitag brauchst du die optimale Ausrüstung. Aus diesem Grund setzt die neue OMV verstärkt auf die Herstellung von Ausgangsmaterialien für hochwertige Kunststoffe. … So tragen wir mit unseren Innovationen in der neuen OMV zu einem besseren Leben bei.“
Aus Sicht des Managements ist dieses Inserat sicher perfekt passend zur neuen Strategie. Man verändert das Unternehmen, um dann mit Werbung die Wahrnehmung der Kunden zu verändern. Das Ganze hat nur ein Problem: Es ist sicher schon extrem schwierig das Unternehmen OMV tatsächlich neu auszurichten. Aber es ist noch viel schwieriger die Wahrnehmung der Kunden, egal ob B2B-Kunden oder B2C-Kunden zu verändern.
Aus der Geschichte von BP lernen
Dazu sollten die Verantwortlichen der OMV vielleicht einmal die Restrukturierungsgeschichte von BP oder besser bp studieren. Dazu lautete am 17. August 2020 eine Headline in der Tageszeitung „OÖNachrichten“ so: „Energiewende zwingt den britischen Ölkonzern BP zu radikalem Umbau“. Dazu hieß es dann weiter: „Der britische BP-Konzern setzt für seinen Wandel vom Ölgiganten zu einem der weltweit größten Ökostromproduzenten alles auf eine Karte. Die radikale Abkehr vom Ölgeschäft ist ein gewaltiger Strategieschwenk, der nicht nur viele Milliarden Dollar an Investitionen verschlingt, sondern dem Unternehmen in Zukunft auch niedrigere Margen einbringen könnte, sagen Analysten.“
Spannend dabei ist aus Marken- und Unternehmenssicht, dass BP immer noch als Öl-Konzern bezeichnet wurde. Das ist deshalb so interessant, weil bereits im Jahr 2002 der damalige BP-Chef Lord John Browne folgendes Statement in einer Rede an der Stanford University von sich gab: „We need to reinvent the energy business. We need to go beyond petroleum.“.
20 verschenkte Jahre
So startete BP bereits 2001 eine Kampagne, um der Öffentlichkeit zu erklären, dass BP nicht für British Petroleum, sondern dass bp für beyond petroleum stehen sollte. Dazu führte man zusätzlich 2002 ein neues Logo ein, das an eine Sonnenblume erinnern soll. So gesehen hat man einmal aus Managementsicht alles richtig gemacht. Man kommunizierte eine neue Ausrichtung. Man verstärkte diese zusätzlich mit einem neuen Logo und damals auch mit einer neuen Fernsehwerbekampagne, in der man sich als Europas Nr. 1 in der Solarenergie vorstellte.
Wo lag also das Problem? Dazu schrieb ich im Sommer 2005 in meinem Buch „Brandtner on Branding“: „Auch British-Petroleum (jetzt bp) begibt sich heute auf einen gefährlichen Pfad, indem man sich anscheinend vom Erdölkonzern zum integrierten Energiekonzern wandeln will. So steht das Konzernkürzel bp jetzt wie im aktuellen Slogan für „beyond petroleum“. In der Werbung präsentiert man sich jetzt u.a. als Europas Nr. 1 in der Solarenergie. Die Strategie „mehrere Standbeine im Energiegeschäft zu besetzen“ mag richtig sein, aber die Brandingstrategie, dies alles unter der Marke bp realisieren zu wollen, verurteilt diese Strategie – langfristig betrachtet – zum Scheitern.“
Eine zweite Marke einführen
Aus Sicht der Kundenwahrnehmung hätte bp damals eine zweite Marke oder eine Submarke für den Bereich erneuerbare Energie einführen sollen. Genau das sollte aktuell auch die OMV überlegen. So könnte man auf der einen Seite den Anspruch erheben, dass man die OMV zum nachhaltigsten Öl- und Gaskonzern Europas machen möchte, um aber gleichzeitig eine neue Marke für die „sogenannte neue OMV“ einzuführen. Wenn man dies nicht tut, ist die Gefahr groß, dass man sich in 20 Jahren über 20 verschenkte Jahre ärgern (muss).
Dazu ein abschließender Punkt, den man aus meiner Warte nicht oft genug wiederholen kann. Strategien scheitern letztendlich nicht auf dem Strategiepapier, sondern in der Wahrnehmung durch den Markt. Nur genau diese Wahrnehmung wird bei der Strategieentwicklung oft viel zu wenig mitbedacht. Oder wie viele Strategiepapiere kennen Sie, in denen es ausdrücklich einen Teil für die Wahrnehmung durch den Markt gibt? Top-Manager und Top-Management-Beratungsgesellschaften leben normalerweise in einer Welt der harten Zahlen, Daten und Fakten, in der die Wahrnehmung durch den Markt aus Zukunftsperspektive maximal eine untergeordnete Rolle spielt. Schade, denn genau das führt immer und immer wieder zu massiven und vor allem sehr teuren Fehlentscheidungen. Oder woran denken Sie, wenn Sie an die Marke bp denken? An Erdöl oder an erneuerbare Energie?
Alles an der University of California Berkeley (wissenschaftlich) erforscht:
Sagen Sie den Leuten:
„Don’t Think of an Red Elephant“
denken sie an einen roten Elefanten.
Analogie:
Hören die Leute oder sehen sie (etwa in einer Anzeige):
„Beyond petroleum“
bleibt nur „petroleum“ hängen.