Im Sommer 2002, also vor 20 Jahren erschien der Bestseller „The Fall of Advertising and The Rise of PR“ von Al und Laura Ries. Alleine der Buchtitel war Garant dafür, dass dieses Buch in der Marketingwelt sehr kontrovers aufgenommen wurde. Dies wurde hier noch einmal durch die deutsche Übersetzung „PR ist die bessere Werbung“ verstärkt.
Eine Frage der Glaubwürdigkeit
Spannend dabei ist, dass es in dem Buch selbst nie darum ging, dass man Werbung gegen PR ausspielt, vielmehr geht es in diesem Buch um eine neue Aufgabenverteilung zwischen PR und Werbung. So lässt sich dieses Buch sehr einfach in einem Satz oder einer Aufforderung zusammenfassen: „Setzen Sie auf PR zum Markenaufbau, setzen Sie auf Werbung zur Markenpflege und Markenweiterentwicklung.“
Der psychologische Aspekt dahinter: Wenn eine Marke neu und anders ist, dann weckt dies zwar die Neugierde und Interesse, es fehlt der Marke oft aber an der für den Erfolg notwendigen Glaubwürdigkeit. Deshalb sollte man – so Al und Laura – in der Startphase auf möglichst glaubwürdige Kommunikationsformen setzen. Dabei ist klar, dass Medienberichte glaubwürdiger als klassische Werbung sind.
Trust in Advertising 2022
Interessant dazu ist auch die aktuelle „Trust in Advertising“-Studie von Nielsen. Laut dieser Studie vertrauen rund 85 Prozent der Befragten in Deutschland den Empfehlungen von Freunden und Bekannten generell. Aber auch Formate wie redaktionelle Inhalte (71 Prozent), Werbeanzeigen in Zeitungen (61 Prozent) und TV-Spots (58 Prozent) genießen bei mehr als der Hälfe der Verbraucher Vertrauen.
Am wenigsten Vertrauen wird laut dieser Studie Mobile-Textanzeigen zugeordnet. 42 Prozent der Befragten vertrauen dieser Werbeform überhaupt nicht. Obwohl nur 37 Prozent der Befragten Influencern und Influencerinnen in Summe vertrauen, zeichnet sich hier aber ein großer Unterschied zwischen verschiedenen Altersgruppen ab. So etwa vertrauen 52 Prozent der 15- bis 34-Jährigen Influencern und Influencerinnen, aber 23 Prozent der über 65-Jährigen.
Das volle PR-, Mundpropaganda und Vertrauenspotenzial nutzen
Damit kommen wir zurück zum oben erwähnten Buch. Gerade beim Aufbau neuer Marken oder auch bei der Repositionierung bestehender Marken sollte das Thema Vertrauen ein ganz zentraler Bestandteil bei der strategischen und operativen Planung sein. Dabei geht es wirklich darum, dass man das volle PR-, Mundpropaganda und Vertrauenspotenzial nutzt. Nur genau das machen viele Markenverantwortliche immer noch nicht. Vielmehr setzt man viel zu früh massiv auf klassische Werbung. Nur genau das führt noch zusätzlich dazu, dass man das eigene PR- und damit auch Vertrauenspotenzial frühzeitig selbst „killt“. Fazit: Gerade neue Marken, die für die Kunden neu und anders sind, benötigen in der Startphase Vertrauen, Vertrauen und Vertrauen. Nur Vertrauen entsteht in der Regel nicht über Nacht, sondern ist vielmehr ein mentaler Prozess. Deshalb empfehlen wir, dass man Marken – wann immer es geht – zuerst mit analoger und digitaler PR baut, um diese dann mit Werbung auszubauen. Dabei ist auch ganz wichtig, dass man Vertriebsauf- und ausbau perfekt mit der Kommunikationsstrategie synchronisiert. So einfach in der Theorie, oft so schwer in der Praxis.