Mit dem aktuellen Redesign und dem neuen Logo möchte Pepsi-Cola mit Sicherheit wieder an die großen Erfolge der 1970er und 1980er Jahre in den USA anschließen. Damals hatte man den Erzrivalen Coca-Cola in den Supermärkten bereits überholt. Diese Entwicklung verunsicherte zudem die Coca-Cola Company so, dass man sich Mitte der 1980er Jahre sogar gezwungen sah, mit New Coke und einer verbesserten „Geschmacksformel“ zu reagieren. New Coke endete als Desaster, brachte aber gleichzeitig Coke Classic wieder zurück auf die Erfolgsspur.
Die zwei Erfolgskampagnen von Pepsi-Cola
Ganz wesentlich für den damaligen Erfolg war aber nicht das frühere Pepsi Design und das Pepsi Logo, sondern es waren zwei herausragende Marketing- und Werbekampagnen. Die eine Kampagne war die sogenannte Pepsi-Challenge, die in beworbenen Blindverkostungen immer und immer wieder aufzeigte, dass Pepsi objektiv besser schmeckt als Coke. (Diese Kampagne war sicher auch ein wesentlicher Grund für New Coke.)
Die zweite, aber sehr viel wichtigere Kampagne war die „The choice of a new generation“-Werbelinie, die auf vergleichende Werbung und vor allem auf damals heiße Stars wie Michael Jackson, Lionel Richie oder auch Michael J. Fox setzte. Damit positionierte man sich klar als die jüngere Cola einer neuen Generation. So ist es für jede nachwachsende Generation – speziell auch in der Pubertät – typisch, dass man anders als die Generationen vorher und vor allem anders als die Eltern sein möchte. Genau diesen Effekt nutzte diese Kampagne. Sie zeigte auf, dass Coke das „alte Cola“ der Elterngeneration ist, während die Jugend auf Pepsi schwört. Das wurde mit den Stars geschickt verstärkt.
Der Verlust des Werbe- und Markenfokus
Letztendlich war man mit dieser Kampagne so erfolgreich, dass man dachte, es wäre der richtige Zeitpunkt gekommen, um Coca-Cola endgültig als Marktführer ablösen zu können. Die darauf aufbauende logische Idee: Man müsse neben der jüngeren Zielgruppe auch die ältere Zielgruppe ansprechen. Dazu erklärte ein Vertreter der Werbeagentur BBDO, die damals den Pepsi-Etat betreute: „Der einzige Haken an der früheren Pepsi-Werbung war, dass man sich zu sehr auf die Jugend konzentrierte. Wir wären imstande gewesen, größere Zuwächse zu erzielen, wenn wir unseren Horizont erweitert hätten, um ein größeres Netz auszuwerfen, um so mehr Leute an Land zu ziehen.“ Und so wurde die Pepsi-Generation durch das Kampagnenthema „Gotta have it“ abgelöst. Gleichzeitig setzte man auf ältere Testimonials wie Yogi Berri oder Regis Philbin.
Doch statt damit die Zielgruppe zu erweitern, wurde man dem Rivalen Coca-Cola ähnlicher. Man gab so (a) die jugendlichere Positionierung und Differenzierung auf und b) übersah, dass es nicht um das tatsächliche Alter ging, sondern um das gefühlte Alter. So tranken auch schon vorher ältere Menschen Pepsi, weil sie sich jünger fühlten oder jünger fühlen wollten. Pepsi-Cola hat sich in den USA aus Markensicht bis heute nicht von dieser Fehlentscheidung erholt.
Interessant dazu ist generell, dass, wenn Marken einmal große oder sogar ikonische Kampagnen und Slogans aufgeben, diese nicht mehr durch wirklich bessere Kampagnen und Slogans ersetzen können. Vielmehr beginnt dann oft ein rasanter Wechsel von Kampagnen und Slogans. So auch bei Pepsi: Seit Mitte der 1990er Jahre waren es Slogans wie „Gotta have It“, „Be young, have fun, drink Pepsi“, „Nothing else is a Pepsi“, „Generation next“, „The joy of Pepsi“, „Think young drink young“, „It’s the cola“, „Refresh everything“, „Live for now“ oder „For the love of it“. (Der fatalste Slogan dabei aus Markensicht war mit Sicherheit: „It’s the Cola.“. Sie hören oder lesen „It’s the Cola“. Sie denken spontan an „Coke“ und „The real thing“.)
Drei Positioning-Grundsätze für Herausforderer
Bereits in den 1970er Jahren definierten Al Ries und Jack Trout drei Positioning-Grundsätze, auf die ein Herausforderer unbedingt achten sollte, wenn er einen starken Marktführer attackiert:
(1) Ein Herausforderer sollte sein Hauptaugenmerk auf die Stärke des Marktführers in der Wahrnehmung der Kunden legen.
(2) In dieser Stärke gilt es eine Schwäche zu finden.
(3) Genau an diesem Punkt sollte dann der Herausforderer so fokussiert wie nur möglich attackieren.
Genau diese drei Aspekte erfüllte die oben erwähnte „Choice of a new generation“-Kampagne perfekt. Sie attackierte Coke an der Originalposition und an der Originalrezeptur, um aus „Original“ eine Art „Relikt der Vergangenheit“ zu machen. Die einfache Formel dahinter: Alte Menschen trinken Coke. Junge Menschen und Junggebliebene trinken Pepsi. So gesehen sollte Pepsi nicht nur das Design, sondern aktuell auch die generelle Positionierung und Strategie unter diesen drei Positioning-Grundsätzen überdenken.
Markenkosmetik alleine ist zu wenig
Nur Markenkosmetik alleine ist dazu viel zu wenig. Pepsi sollte eine konkrete Handlung setzen, um die junge Generation, also junge Menschen und Junggebliebene wieder verstärkt anzusprechen. Dazu sollte man das heißeste Thema aufgreifen, das es aktuell in der Ernährung und bei Getränken gibt, nämlich den Zucker.
Bereits jetzt steht Pepsi Max mit seinem schwarzen Design im Mittelpunkt des Redesigns. Hier sollte man einen entscheidenden Schritt weitergehen, um als Marke komplett auf Zucker zu verzichten. Das hätte drei große Vorteile:
(1) Man könnte so den Erfolgsslogan „The choice of a new generation“ nicht nur wiederbeleben, sondern ihn auch mit einem ganz konkreten und nachvollziehbaren Inhalt füllen.
(2) Der komplette Verzicht auf Zucker hätte zudem enormes PR-Potenzial und damit auch unter Umständen Vorbildwirkung für andere Getränkemarken.
(3) Man könnte alle Kräfte auf Pepsi Max fokussieren und zudem die eigene Produktpalette (ohne Gesichtsverlust) verschlanken.
Dazu kommt noch ein vierter wesentlicher Punkt: Gleichzeitig würde man so auch den Erzrivalen Coke massiv unter Druck setzen. So müsste man auch bei der Coca-Cola Company überlegen, wie man mit dem Thema „ohne Zucker“ umgeht. Das heißt: Man müsste unter Umständen sogar die berühmte Originalrezeptur verändern. So gesehen könnte Pepsi aktuell Coke mit dem Redesign, dem möglichen Comeback des Slogans und vor allem dem möglichen Totalverzicht auf Zucker die Themenführerschaft bei Softdrinks abnehmen. Und das wäre mehr als nur eine starke Kampfansage um den Markt und Marktanteile.