Viele Unternehmer und auch Manager denken bei einer neuen Marke zuerst einmal über den Namen nach bzw. nutzen diverse Kreativitätstechniken, um diesen neuen Namen zu kreieren. Nur genau das sollte nicht der erste Schritt sein. Viel wichtiger für den zukünftigen Markenerfolg, ist die Benennung der Kategorie, in der die neue Marke führend sein sollte.
Die wahre Meisterleistung von Dietrich Mateschitz
Red Bull ist sicher ein toller Markenname für einen Energydrink, da er Stärke kommuniziert und auch subtil auf den Inhaltsstoff Taurin hinweist. Zudem lässt er sich perfekt visualisieren. So können wir uns eine bildhafte Sprache bzw. bildhafte Markennamen leichter merken.
Aber die wahre Meisterleistung war die Kreation der Kategorie „Energydrink“. Diesen Begriff gab es vor Red Bull nicht. So denken Menschen nicht in Marken, sondern primär einmal in Kategorien. Genau deshalb verlieren breite Dachmarken im Laufe der Zeit immer mehr an Kraft. So geht niemand etwa in einen Media-Markt und sagt: „Ich hätte gerne einen Sony.“ Sony besitzt nämlich keine Kategorie in unserer Wahrnehmung.
Früher konnte man einen Walkman oder eine HandyCam verlangen, heute steht Sony mehr für eine große Vergangenheit als eine große Zukunft. Die große Ausnahme ist dabei natürlich die PlayStation. Diese besitzt die Kategorie Spielkonsole. Viele denken an Spielkonsole. Viele denken an PlayStation.
Realität vs. Wahrnehmung
Letztes Jahr stellte Otto den berühmten und für viele legendären Otto Katalog ein. So ist heute – faktisch gesehen – Otto genauso ein Online-Händler wie Amazon oder Zalando. Das ist die Realität. Wie aber sieht es in der Wahrnehmung aus?
Sie denken an Online-Einkauf. Sie denken an Amazon oder Zalando. Sie denken aber wahrscheinlich nicht spontan an Otto. So ist Otto immer noch mehr als klassischer Versandhändler abgespeichert. Dies könnte in Zukunft einmal ein erheblicher Wettbewerbsnachteil für diese Marke werden.
Oder nehmen Sie die Banken. Jede Bank bietet heute ihre Bankgeschäfte auch online an. Trotzdem sind die Banken mental in verschiedenen Kategorien oder Schubladen abgespeichert. So haben wir klassische stationäre Banken wie etwa Sparkassen, Raiffeisenbanken oder Volksbanken. Dann haben wir die Direktbanken wie ING (früher ING Diba) oder ganz neu die Smartphonebanken wie N26.
Auch hier ist das Geniale an N26, dass man nicht als weitere Direkt- oder Onlinebank sondern immer öfter als die Smartphonebank bezeichnet wird. Damit ist man vom ersten Augenblick an Marktführer in einer neuen Bankenkategorie. (Genau das sollte man selbst auch in der eigenen Positionierung noch stärker hervorheben.) Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite könnte es sich für ING als schweren Fehler herausstellen, dass man auf den Zusatz Diba im Markennamen verzichten will. Man wird so wieder mehr nur zu „einer Bank“.
Kategorie, Kategorie, Kategorie
Das heißt: Wenn Sie heute über die Positionierung einer neuen Marke oder über die Repositionierung einer bestehenden Marke nachdenken, sollten Sie immer und zuerst über die Kategorie nachdenken, in der Ihre Marke eine bedeutende oder besser führende Rolle spielen sollte. Dabei geht es weniger um die Produkt- oder Dienstleistungsrealität, sondern vielmehr um die Markenwahrnehmung. So einfach in der Theorie, so schwer oft in der Praxis.
Interessante Situation mit Otto.
Allerdings heißt es bei Otto das man sich ja mit weiteren Firmen-Akquisitionen für die Umstellung gut rüstet. Dennoch macht man bei 2,72 Mrd. Umsatz 90% über das Flaggschiff Otto.de (Wikipedia).
Wie bewerten Sie die Diversifikation der Otto-Group in verschiedene – teilweise komplett unterschiedliche- Segmente aus Sicht der Positionierung?
Top oder Flop?
https://www.ottogroup.com/de/die-otto-group/konzernfirmen.php
Was sollte Otto aus Markensicht tun? Das Gegenteil von Amazon! Bei Amazon steht die Marke Amazon im Mittelpunkt, also sollte Otto ein Online-Mehr-Markensystem bauen, bei dem man Otto selbst als Cashcow sieht.
vielen lieben Dank für die Erklärung.