Europas große Markenchance oder die zweite Welle der Digitalisierung

Das Internet hat nicht nur unser tägliches Leben verändert, es verändert mit immer neuen – oft auch disruptiven – Geschäfts- und Markenmodellen nachhaltig unsere Wirtschaft. Wenn man sich dabei diese Entwicklung mit der globalen Markenbrille ansieht, dann dürfte es zwei digitale Welten geben. Auf der einen Seite haben wir die amerikanische, auf der anderen Seite die chinesische.

 Die erste Welle der Digitalisierung

So haben wir heute Internetmarkenduelle wie Facebook versus Tencent bei Social-Media, Google versus Baidu bei Suchmaschinen, Amazon versus Alibaba im Onlinehandel und Uber versus Didi Chuxing bei Fahrdiensten. So unterschiedlich diese Markenduelle im Einzelnen sein mögen – es gibt eine große Gemeinsamkeit: Europa ist nicht dabei.

So zeigte auch ein Ranking von EY (Ernst & Young) über die umsatz- und gewinnstärksten Unternehmen Europas und der USA, dass in Europa generell dieses Ranking vor allem von klassischen „Old Economy“-Unternehmen dominiert wird, während in den USA Gesundheits- und IT-Unternehmen das Ranking dominieren.

Die zweite Welle der Digitalisierung

Aber es gibt auch noch eine zweite Seite oder besser Welle der Digitalisierung. So bilden sich in Europa immer mehr digitale „Hidden Champions“ heraus, also Unternehmen, die in ihrem Spezialgebiet Welt- oder Europamarktführer sind. Dazu brachte Managementdenker und Urheber des Begriffs „Hidden Champion“ Hermann Simon in einem Vortrag in Wien etwa folgende Beispiele: Teamviewer ist Weltmarktführer bei Screen-Sharing, Mackevision bei Computer Generated Imagery,  DeepL bei Sprachübersetzungen. Brainlab wiederum gehört zu den weltweiten Technologieführern für Navigieren in der Neurochirurgie, also für bildgesteuertes Operieren.

Zudem zeigte er auf, dass fast die Hälfte aller weltweit registrierten Patente zum Thema KI (künstliche Intelligenz) seit 2010 etwa aus Deutschland, nämlich 3568 von in Summe 7313 kommt. Damit setzt sich im Internet eine europäische Erfolgsstrategie fort. So identifizierte alleine eine Studie der Fachhochschule FH Campus 02 an die 200 Hidden Champions in Österreich. Das sind Unternehmen, die in ihrem Spezialgebiet entweder in Europa Nr. 1 oder weltweit Nr. 1, 2 oder 3 sind, also Unternehmen wie Engel, Palfinger oder Rosenbauer.

 Die globalen Markenweichen stellen

Nur das bedeutet aber auch, dass Unternehmen von Anfang an die strategischen Weichen in Richtung Globalisierung stellen sollten. Dies wiederum erfordert vier Schritte oder Punkte aus Markensicht:

(1) Das Internet wirklich als globales Medium sehen. Viele Unternehmen verbauen sich ihre internationalen Chancen, weil man das Internet wie ein regionales Medium behandelt und sich damit selbst begrenzt.

(2) Das Finden einer Nr. 1-Positionierung in einer digitalen Nische, also eine klare Fokussierung. Viele Unternehmen neigen dazu, sich am Anfang zu breit zu positionieren.

(3) Das Finden eines Markennamens, der zur Positionierung passt, der international sprachlich funktioniert,  bei dem die wichtigen Domains frei sind und der zudem international als Wortmarke schutzfähig ist. Speziell Start- up-Unternehmen unterschätzen die Bedeutung des Namens und oft auch die Folgen von möglichen rechtlichen Problemen. So kommt es laut einer Studie der Otto-Beisheim School of Management sogar bei einem Viertel der Jungunternehmen innerhalb des ersten Jahres noch einmal zu einem Namenswechsel. Amazon startete als Cadabra, Ebay hieß zuerst AuctionWeb und aus openBC wurde Xing. Erst kürzlich taufte sich etwa das Start-up GoEuro in Omio um, weil der Name im globalen Einsatz eindeutig zu „europalastig“ war. Genau so etwas sollte man vermeiden.

(4) Das Entwickeln eines Marken- und Marketingprogramms, das man Schritt für Schritt ausrollen kann. Selbst Facebook startete nicht als globales soziales Netzwerk, sondern war am Anfang nur das soziale Netzwerk der Universität Harvard. Dann wurde es auf Universitäten ausgeweitet und erst dann für alle freigegeben.

Herausforderung Internet

Man kann heute das Internet als Chance oder Bedrohung sehen. Hier in Europa hat man oft den Eindruck, dass das Internet mehr als Bedrohung als als Chance gesehen wird. Nur alleine diese Einstellung könnte den langfristigen Erfolg Europas gefährden. So gesehen sind heute nicht nur digitale Start-ups gefordert, sondern auch der Staat, die Gesellschaft in Summe, natürlich die Bildungseinrichtungen und vor allem auch die Medien, die einen wesentlichen Beitrag zur allgemeinen Stimmungsbildung leisten.

Erschien im Original auf Trend.at

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