„Boss verzückt Designexperten mit neuem Markenauftritt“ lautete kürzlich die Headline auf Horizont.net. So hat man beim Modekonzern Hugo Boss das Logo der Kernmarke Boss nach fast 50 unveränderten Jahren einem Relaunch unterzogen. Die Kriterien für die durchwegs positiven Beurteilungen des neuen Logos waren unter anderem die neue Einfachheit, die Konzentration auf das Wesentliche und die gute Lesbarkeit. Eng damit verbunden waren aber auch einige wenige Kritikpunkte in Richtung zu eintönig, bieder und mutlos.
Experten- versus Kundensicht
Immer wieder werden Marken visuell überarbeitet und dafür gelobt oder auch kritisiert. Spannend dabei ist aber, dass es in der Regel so gut wie immer entweder um das Logo oder den klassischen Werbeauftritt geht. Von Zeit zu Zeit steht auch die Verpackung im Mittelpunkt solcher Überlegungen. Noch spannender dabei sind die Kriterien, nach denen dann ein solcher Designrelaunch von den Experten beurteilt wird.
Wenn es nach den Design- und Werbeexperten geht, steht in der Regel das Design selbst im Mittelpunkt der Kritik. Wenn es nach den Marken- und Marketingexperten geht, steht in der Regel die Marke und hier vor allem die visuelle Konstanz im Mittelpunkt der Bewertung. Das führt dann oft auch zu sehr kontroversen Beurteilungen. Was die einen als mutig empfinden und loben, wird von den anderen als Stilbruch in der Markenführung kritisiert. Oder was die einen als langweilig und mutlos kritisieren, wird dann von anderen wieder als Beweis für eine konsequente Markenführung gelobt.
Wirklich interessant dabei ist aber, dass so gut wie immer nur der Blickwinkel der Experten im Mittelpunkt steht, so gut wie nie wird das Ganze aus Kundensicht beurteilt. Speziell interessant dabei ist, dass so gut wie nie diskutiert oder kritisiert wird, ob eine Marke durch den Relaunch in der Wahrnehmung und im Gedächtnis der Kunden sichtbarer und somit stärker verankert wird.
Der „markenlose“ Anzug
Dazu sollten wir noch einmal einen Blick auf Boss werfen. Wenn man auf der Website von Hugo Boss in den Herrenshop geht, findet man in der Menüleiste: Hugo, Neuheiten, Kleidung, Schuhe, Accessoires, Sale, Der Anzug, Highlights, Geschenke, Kinder, Inspirationen. Dabei sticht natürlich „Der Anzug“ mit dem Artikel „Der“ klar heraus. So stehen Hugo Boss und damit Boss wahrscheinlich wie keine andere Marke der Welt für Anzüge.
Nur genau hier hat man bei diesem Markenrelaunch – bewusst oder auch unbewusst – eine mutige Chance links liegen lassen. Wenn man sich heute in der Welt des Sports bewegt, sieht man in der Regel sofort wer Adidas, Nike, Puma oder Under Armour trägt. Wenn man sich in der Welt der Business-Anzüge bewegt, sehen so gut wie alle Business-Anzüge aus Markensicht gleich aus. Übertrieben formuliert könnte man von einer Grau-in-Grau-Welt sprechen.
So schön das neue Boss-Logo auch sein mag, hier hätte man bei Hugo Boss wirklich die Chance gehabt, mit dem Redesign auch einen neuen und sehr mutigen Standard zu setzen, um endlich auch die Anzüge mit dem Logo zu markieren. Nur dazu hätte es wahrscheinlich sehr viel mehr benötigt als nur den Schriftzug zu überarbeiten. Dazu hätte man ein starkes Bildlogo benötigt.
Vielleicht hätte man sich dazu auch Polo Ralph Lauren als heimliches Vorbild nehmen können. Dazu eine zentrale Frage: Wie kann man ein Herrenhemd von einem anderen differenzieren? Antwort: Indem man Branchenregeln bricht. Genau das machte Ralph Lauren doppelt: (1) Auf der einen Seite hatte er den Mut, sein Logo auf den Hemden selbst deutlich sichtbar zu platzieren. Das war damals im gehobenen Segment undenkbar. (2) Er entfernte zudem die damals übliche Brusttasche, was auch ein glatter Tabubruch in der Branche war. Damit sind wir aus Markensicht noch zusätzlich bei einem weiteren wichtigen Punkt oder einer weiteren wichtigen Regel: Wer erfolgreich Regeln bricht, stellt neue Regeln auf. Genau das hat man aktuell bei Hugo Boss versäumt.
Ein neues Briefing- und Kritikkriterium
Gerade im Zeitalter von Social-Media sollte das Produkt selbst immer mehr zum Markenbotschafter werden. Das heißt aber auch, dass man diesen Punkt der Sichtbarkeit aus Kundensicht nicht nur noch sehr viel stärker in Redesign-Briefings, sondern auch in der Bewertung von Marken-Relaunches einbeziehen sollte. Dabei sollte man aber nicht nur das Markenlogo isoliert betrachten, sondern immer den Gesamteindruck im Auge haben.
Das kann so weit führen, dass bei einem Markenrelaunch das Produkt selbst etwa sehr viel wichtiger als das Logo sein kann. Nehmen Sie etwa Flixbus! Bei einem Markenredesign dieser Marke wäre der Bus selbst sicher als zentrales Designelement sehr viel wichtiger als das Markenlogo. So wissen sicher viele, wie ein Flixbus aussieht. Aber wissen Sie spontan wie das Logo aussieht? Fazit: Es ist sicher gut und wichtig, dass Design- und Markenexperten jeweils aus Ihrer Perspektive an Logo- und Designrelaunches mitwirken bzw. diese auch kritisch beurteilen, aber vor allem sollte man sicherstellen, dass das Design die größtmögliche Wirkung in der Wahrnehmung und im Gedächtnis der Kunden erzielt.
Erschien im Original auf Horizont.net
Ein schrecklicher Unfall. Wie konnten Sie nur!
Ich versuche gerade noch die letzeen Titanium_Runn Sneaker mit dem alten Schriftzug zu ergattern…. (investitions tipp)
Einige mit dem neuen Schriftzug sehen teilweise gefälscht aus….