Das Markenziel Nr. 1 für 2024: Wie wäre es mit dem Marktanteil?

Corona, Ukraine-Krieg, Gaza-Konflikt, Energiekostensteigerungen, Lieferkettenprobleme, Inflation, Rezession und Konsumflaute. Die Welt scheint seit dem Jahr 2020 nicht mehr aus dem tatsächlichen und vor allem wahrgenommenen Krisenmodus zu kommen. In China spricht man zurzeit sogar sehr offen vom „ökonomischen Winter“ und fürchtet eine längere Phase der Rezession.

So ist es auch nicht verwunderlich, dass laut einer  aktuellen globalen WARC-Umfrage (The Voice of the Marketer 2024) für 64 Prozent der befragten Marketing-Entscheider  die Rezession auch im kommenden Jahr den größten Einfluss auf ihre Marketingaktivitäten haben wird. Dabei werden vor allem die Inflation und die hohen Lebenshaltungskosten als Risikofaktoren gesehen.

Global unterschiedlicher Optimismus

Trotzdem sind die befragten Marketer optimistischer als noch vor einem Jahr. Das zeigt sich vor allem auch in der prognostizierten Budgetentwicklung laut der oben erwähnten Studie. So gehen global 39 Prozent der Befragten davon aus, dass die Marketingbudgets 2024 steigen werden. Zu einem ähnlichen, aber etwas abgeschwächten Ergebnis kommt auch der aktuelle CMO Barometer im DACH-Raum von Serviceplan. Hier glauben 32 Prozent der befragten Marketer, dass das Marketingbudget für 2024 steigen wird.

Global gesehen gibt es dabei aber Unterschiede. Während in Europa 37 Prozent und in den USA „nur“ 35 Prozent von steigenden Marketingbudgets ausgehen, ist in der APAC Region (Asien, Australien und Ozeanien) jeder Zweite überzeugt, dass die Marketingbudgets steigen werden. Aber genau diese Unterschiede könnten auch tatsächliche Auswirkungen auf die zukünftige Entwicklung von Unternehmen und Märkten haben.

Umsatz, Gewinn und Marktanteil

Gerade in Krisenzeiten haben Unternehmen oder besser deren verantwortliches Management schnell Kennzahlen wie Umsatz, Kosten und damit auch Gewinn im Auge. Speziell die Kombination aus stagnierenden oder sogar sinkenden Umsätzen bei oft gleichbleibenden oder gar wie aktuell steigenden Kosten drückt nicht nur auf das Gemüt und die Zuversicht der Verantwortlichen, sondern wirkt sich ganz klar in der Regel negativ auf den Gewinn und vor allem auch die Gewinnprognosen aus.

Gleichzeitig wird dabei oft aber eine weitere Kennzahl „übersehen“, die sowohl bei steigenden, gleichbleibenden oder sogar sinkenden Umsätzen gesteigert werden kann. Diese Kennzahl ist der Marktanteil. So kann man etwa klar Marktanteile gewinnen, wenn der eigene Umsatz oder Absatz weniger schrumpft als der Umsatz oder Absatz der Mitbewerber. Genau deshalb sollte man dieser Kennzahl in Krisenzeiten besondere Aufmerksamkeit schenken.

Um besser zu verstehen, worum es geht, sollte man sich eine Studie von GfK/Serviceplan aus dem Jahr 2010 ins Gedächtnis rufen. In dieser wurden 959 Herstellermarken über 9 Jahre hinweg beobachtet. Das interessante Kernergebnis: „Die größten Marktanteilsgewinne, aber auch die größten Marktanteilsverluste entstehen nicht in Wachstumsphasen, sondern in Phasen des konjunkturellen Abschwungs.“ Aber diese Studie zeigte noch mehr, nämlich dass die Marktanteilsverluste, die man in Krisen macht, auch in längeren Wachstumsphasen nicht mehr aufgeholt werden können.

Über die aktuelle Krisensituation hinausdenken

Wenn man davon ausgeht, dass auch diese Krisensituation nicht ewig andauern wird, dann sollte man vielleicht diese eher unsicheren Zeiten nutzen, um die Weichen für die Zukunft zu stellen. Dabei kann man sich zwei weitere Ergebnisse aus der oben erwähnten GfK/Serviceplan-Studie noch einmal ins Gedächtnis rufen:

(1) Die entscheidende Größe für Marktanteilsgewinne ist die Produktinnovation.

(2) Der zweite wichtige Faktor ist der antizyklische Medieneinsatz.

Nur beides erfordert mit Sicherheit in vielen Fällen vom verantwortlichen Management den Mut, sich nicht auf das „Bauchgefühl“ alleine zu verlassen. Dieses würde wahrscheinlich instinktiv genau das Gegenteil empfehlen, nämlich geplante Innovationen zu verschieben und das Marketingbudget einzufrieren oder gar zu senken.

In dieser Art von Situationen kann man sich auch wieder einmal Steve Jobs als Vorbild nehmen! So war das Jahr 2001 nicht nur wirtschaftlich von der Folgen der damaligen Dotcom-Blase geprägt, sondern erlebte  durch den Terror vom 11. September einen weiteren Tiefpunkt. Das hielt Steve Jobs aber nicht davon ab, am 23. Oktober 2001 den ersten iPod der Welt vorzustellen, um damit auch die Basis für das iPhone zu legen. So stieg Apple in den folgenden Jahren vom Nischenplayer zur wertvollsten Marke der Welt auf.

Die Markenbasis nicht vergessen

Nur sollte man dabei jetzt nicht in ziel-, plan- und strategielose Aktionitis verfallen. Entscheidend ist, dass sowohl die geplante Innovation als auch das geplante Marketingbudget im Sinne der Marke oder besser noch im Sinne der Markenpositionierung zum Einsatz kommen.

Dabei sollte man aber klar zwei Szenarien unterscheiden:

(1) Für starke Marken mit starken Positionen in der Wahrnehmung geht es vor allem darum, dass man mit etwa einer möglichen Innovation und dem antizyklisch eingesetzten Budget die bestehende Position nutzt und verstärkt. Hier sollte man auch klar als Marktführer den Druck auf den Mitbewerb erhöhen.

(2) Für Marken im unprofilierten Mittelfeld oder für Marken in einer Krisensituation sollte man auf eine Innovation setzen, die das Potenzial hat, die Marke neu auszurichten.

Ideal für eine mögliche Neuausrichtung sind sogenannte Leadprodukte. Das sind Innovationen mit einer eigenständigen Positionierung, die das Potenzial haben, die Marke in Summe neu zu positionieren. Typische Beispiele für diese Art der Leadprodukte waren der iPod für Apple, das Koffeinshampoo für Alpecin oder der Lachgummi für Nimm 2. Das waren nicht nur weitere Innovationen aus Sicht der Kundenwahrnehmung, sondern Innovationen, die die Marken Apple, Alpecin und Nimm 2 neu und dauerhaft positiv aufgeladen haben. Hier spielt auch im Sinne einer klaren Fokussierung auf das Leadprodukt der sogenannte Halo- oder Heiligenschein-Effekt eine große Rolle.

Fazit: Das Bauchgefühl mag einem in Krisenzeiten zögern lassen. Umso mehr sollte man strategisch und dann operativ überlegen, was die aktuelle Krisensituation an Chance bieten kann, um mit der richtigen Innovation und einem antizyklischen Marketingbudget dauerhaft Markt- und damit Erfolgsanteile zu kurz- und langfristig zu gewinnen. So einfach in der Theorie. So schwer oft in der Praxis.

Erschien im Original auf Horizont.net

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