Kürzlich war folgende Headline auf Welt.de zu lesen: „Die neue Treulosigkeit der deutschen Verbraucher“. Darunter im Text kam dann unter anderem folgendes Beispiel: „Grübelnd steht die junge Frau mit ihrem Partner vor dem Frischkäse-Regal in einem Düsseldorfer Supermarkt. Sie diskutieren kurz über Preise und Krümeligkeit, ob es mit Kräutern sein soll oder pur. Verschiedene Namen sind vernehmbar: Bresso, Buko oder Miree? „Wir haben doch immer Exquisa genommen“, beschwert sich der junge Mann. „Langweilig. Lass uns doch mal was anderes probieren“, gibt seine Freundin zurück.“
Verführer: Innovation und Preis
Dabei ist diese Art des Dialogs aus Markensicht noch nicht einmal die schlimmste Variante. Viel schlimmer ist, wenn der Dialog so enden würde: „Ist doch egal welche Marke, ist doch alles gleich. Nehmen wir einfach die, die gerade im Sonderangebot ist oder noch besser gleich die billigste Marke im Regal.“
Speziell zwei Aspekte verführen Kunden zur Untreue, nämlich ständige Innovationen oder besser Innovatiönchen und ständige Preisaktionen. Dabei läuft dies oft in zwei Phasen ab: Zuerst wechselt man nur innerhalb der Lieblingsmarke. Irgendwann wechselt man dann zwischen verschiedenen Marken und Eigenmarken. Das gilt vor allem dann, wenn Marken durch Innovationen unter dem Markendach sehr breit werden. So zeigen auch immer mehr Studien, dass die Kunden immer spontaner am Point of Sale entscheiden.
Kampf der Markenuntreue
Was aber kann man aus Markensicht gegen dieses Verhalten tun? Verhindern kann man es natürlich nicht, aber man kann versuchen, die eigene Marke so immun wie nur irgendwie möglich zu machen. Dazu sollte man fünf Punkte beachten:
(1) Enger Fokus: Je breiter eine Marke vom Angebot her ist, desto größer ist die Gefahr der Wechselbereitschaft. Was unterscheidet heute etwa wirklich breite Kaffeemarken wie Jacobs, Tchibo oder Eduscho voneinander? Also nimmt man entweder die Marke, die man immer gekauft hat, probiert von Zeit zu Zeit was Neues aus, oder man greift zu der, die gerade in Aktion ist.
(2) Klare verbale Positionierung: Dazu kommt: Je enger der Fokus einer Marke ist, desto einfacher lässt sich eine klare und unverwechselbare Positionierung finden. Nur wenige breite Dachmarken wie Nivea oder Milka haben noch eine klare für die Kunden nachvollziehbare Markenpositionierung. So steht Nivea für Pflege und Milka für zart.
(3) Klare visuelle Positionierung: Zusätzlich sollte man – und hier haben viele Marken enormen Nachholbedarf – sicherstellen, dass die eigene Verpackung klar am Point of Sale aus der Menge der Produkte heraussticht. Milka schafft dies etwa mit der Farbe Lila, Nivea dadurch, dass man das blaue Nivea-Kreislogo auf den Produkten wieder verstärkt in den Vordergrund positioniert. Auch hier gilt: Je ähnlicher sich die Produkte von der Verpackung her im Regal sind, desto eher besteht die Gefahr, dass man wahllos zugreift. Zudem wirken Marken, deren Verpackungen aus dem Einheitsbrei herausstechen, am Point of Sale größer. Dies suggeriert visuell Marktführerschaft und erhöht klar die Chancen, dass man gewählt wird.
(4) Neue Marken lancieren: Innovationen sind für Marken natürlich enorm wichtig. Mehr noch: Der Erfolg vieler Marken beruht auf Innovationen. Nur wenn man zu viele Innovationen unter einer Marke verpackt, dann verliert die Marke zuerst ihren Fokus und steht irgendwann für nichts mehr. Ein typisches Beispiel dafür ist Sony. Früher war Sony für viele die erste Wahl. Heute ist es nicht schlecht, wenn auf dem gekauften Produkt Sony draufsteht. Im Gegensatz zu iPhone oder Nespresso hat Sony keinen klaren Fokus und folglich keine klare Positionierung. Deshalb sollten Unternehmen bei wichtigen Innovationen immer überlegen, ob man nicht eine neue Marke einführen solle. So wird es auch Nivea irgendwann wahrscheinlich bereuen, dass man die Männerpflegeprodukte unter Nivea Men und nicht unter einer eigenen neuen Marke eingeführt hat.
(5) Möglichst wenig Preisaktionen: Gerade Preisaktionen sind ein gefährlicher Verführer, der Kunden nicht nur zum Preiskäufer, sondern zusätzlich oft auch zum ständigen Wechselkäufer erzieht. Nur genau diese Preishoheit haben die meisten Markenartikler schon längst an den Handel abgegeben bzw. abgeben müssen. Dabei ist der Preis ein ganz wesentlicher Qualitätstreiber einer Marke.
Das bedeutet aber auch, dass das Umfeld für Marken immer härter wird. Speziell werden wir daher in Zukunft drei Trends und wahrscheinlich ein gänzlich neues Markenmodell auf Herstellerseite erleben.
Drei Trends und ein neues Markenmodell
Der eine Trend: Die Eigenmarken der Handelsketten werden weiter an Bedeutung gewinnen. Der zweite Trend: Die Mitte des Marktes wird weiter unter Druck kommen. Das war früher auch schon so. Nur jetzt wird es auch immer öfters die starken Marktführer in der Mitte treffen. Der dritte Trend: Premium- und eng fokussierte Marken werden an Bedeutung gewinnen bzw. ihren Status Quo verteidigen können.
Genau in diesem Umfeld entstehen aber heute bereits gänzlich neue Markenmodelle, die durch den direkten Vertriebsweg Internet den Handel umgehen, gänzlich neue USPs schaffen und vor allem diesen Marken wieder die Preishoheit über die eigenen Produkte zurückgeben. Typische Beispiele oder auch Vorreiter in dieser Welt sind heute Marken wie MyMuesli, Reishunger, Shave-Lab oder auch Erdbeerwoche.
Die Erfolgsprinzipien dahinter lassen sich so definieren: (1) Enger Fokus auf einen ausgewählten Produktbereich. (2) Große Auswahl innerhalb dieses Produktfokus, die sich in vielen Fällen auch individualisieren lässt. (3) Klare Positionierung durch die enge Fokussierung. (4) Hoher Convenience-Grad bis hin zu Bestellabos. (5) Hohes Internationalisierungs- bzw. auch Globalisierungspotenzial durch den Vertriebsweg Internet. Hier stehen sich nur einige dieser Marken selbst im Weg, weil man Markennamen gewählt hat, die international nur schwer oder gar nicht funktionieren.
Danke
Gerne!! Und ich sage Danke für die Anregung!!