Kürzlich hieß es auf Manager-Magazin.de: „Der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sieht die Zukunft des Autoherstellers Opel immer düsterer. Die Verkaufszahlen der vom französischen PSA Konzern übernommenen Marke sackten in Deutschland und Europa immer weiter ab, so dass Investitionen in eigenständige Modelle kaum noch möglich seien, meint der Direktor des Car-Instituts an der Universität Duisburg-Essen.“
Alles andere als untätig
Dabei war man in den letzten Jahren oder im letzten Jahrzehnt alles andere als untätig bei der Automarke mit dem Blitz. Immer wieder gelang es mit neuen Produkten und Werbeoffensiven aus der Masse herauszustechen. Bei den Produkten mögen jetzt manche an den Opel Mokka und den Opel Adam denken, bei der Werbung denken jetzt vielleicht viele an die „Umparken im Kopf“-Kampagne unter der Marketing-Ära von Tina Müller bei Opel.
Dazu meinte Tina Müller im Dezember 2015 in einer deutschen Werbefachzeitschrift zur Entstehung dieser Kampagne: „Aber schon in der nächsten Runde kam der Slogan „Umparken im Kopf“. Wir wussten sofort, dass das ein Volltreffer ist.“ Diese Kampagne sorgte für Aufmerksamkeit, diese Kampagne ließ Menschen sogar über die Marke Opel neu nachdenken. Nur leider beantwortete Opel bis heute nicht die eine entscheidende Frage: „Wo ist der neue Parkplatz von Opel in der Wahrnehmung der Kunden?“
Erinnerung versus Erinnerung
So ist es das eine, sich an eine tolle Werbekampagne zu erinnern, nur das andere ist es, sich an eine Marke zu erinnern. Können Sie sich an eine konkrete Kampagne oder einen konkreten Fernsehspot oder eine konkrete Printanzeige von BMW im Jahr 2017 erinnern? Das ist auch nicht wichtig, solange diese Kampagne, dieser Fernsehspot oder diese Printanzeige die Fahrfreude-Position von BMW verstärkt hat.
BMW besitzt den Fahrfreude-Parkplatz in der Wahrnehmung der Kunden. Audi besitzt den Technik-Parkplatz in der Wahrnehmung der Kunden. Tesla besitzt den Elektro-Parkplatz in der Wahrnehmung der Kunden, Volvo den Sicherheits-Parkplatz. Nur bei Opel vergaß man anscheinend den eigenen Parkplatz in der Wahrnehmung der Kunden zu verbalisieren. Opel fehlt immer noch die eine zentrale Idee, die die Marke in all ihren Facetten in die Zukunft führt.
Der Faktor Zeit
Wenn man so Markenführung über einen längeren Zeitraum betrachtet bzw. beobachtet, gibt es zwei gelebte Möglichkeiten in der Praxis. Man kann von Zeit zu Zeit immer wieder mit spektakulären Aktionen auffallen, um die Marke vor allem zu aktualisieren. Man kann über einen längeren Zeitraum immer wieder an allen Touchpoints eine zentrale Idee vermitteln, um in der Wahrnehmung der Kunden eine starke Position zu etablieren. Bei Opel hat man in den letzten Jahren den ersten Weg gewählt.
Nur genau damit hat man es versäumt, eine starke Position in der Wahrnehmung der Kunden einzunehmen. Ganz egal wie toll einzelne Produkte und Kampagnen von Opel waren, sie haben leider nicht auf eine zentrale Idee für Opel eingezahlt, weil man es versäumt hat, diese zu entwickeln. Nur so ist zu befürchten, dass der aktuelle Slogan „Die Zukunft gehört allen“ mehr Wunschdenken als Markendenken ist. Dies sollten alle bedenken, deren Markenführung mehr auf Einzelaktionen als auf einer klaren und konsistenten Positionierung beruht.
Aktuell scheint Opel in Deutschland rein t a k t i s c h zu agieren.
In unserem Nachbarland Saarland läuft derzeit eine Hörfunk-Kampagne auf SR1. Botschaft: „Kommen Sie zu den Dienstwagen-Austauschtagen“ (gehört am 30.5.).
In der BILD läuft eine Print-Kampagne. Botschaft: „0% – Die Opel Raten-Offensive. Jetzt den Corsa und den Astra mit 0% Zinsen finanzieren!“ (Ausgabe 4.6., Seite 27).
Sieht man sich die Medien-Veröffentlichungen der letzten Jahre an, ist viel von „Aktionismus“ die Rede, wenig von „kohärenter Strategie“.
Zuletzt brachte das Manager Magazin (März 2017, Seite 11) einen satirischen Unterton in seine dreiseitige Analyse: „(…) Opel in den vergangenen Jahren neu positioniert (…) Kampagnen mit Modediva Karl Lagerfeld (83) und Katzenmotzkopf Grumpy Cat (4) gestartet (…).“
Noch eine Ergänzung, Herr Brandtner. Sie schreiben: „Es fehlt eine zentrale Idee.” Ich muss da immer an eine Veröffentlichung von Al Ries im April 2008 (also vor 10 Jahren) denken:
„’I drive a Mercedes-Benz’ makes a statement to your friends and neighbours. ‘I drive an Isuzu’ – what does that say about your status in life?”
Analog könnte man fragen: “I drive an Opel – what does that say about your status in life?”
Ja, einen Opel zu fahren … was sagt dies eigentlich über die jeweilige Person aus?
„Jeder Popel fährt einen Opel“ – dieser alte Satz fällt interessanterweise immer noch in Fokusgruppen (moderierten Gruppendiskussionen) und qualitativen Einzelinterviews, selbst in der Zielgruppe der Millenials. Und da sind wir bei einer weiteren genialen Erkenntnis von Al Ries, veröffentlicht im Januar 2006:
„Marketing is psychology in practice. It can take a long time to change minds. Witness the decades some people spend with their therapists.“
Die oft ungerechtfertigte Wahrnehmung von Opel in den Köpfen (Sie, Herr Brandtner, nannten es „Parkplatz im Kopf“) konnte wohl auch die Opel-Kampagne „Umparken im Kopf“ nicht beseitigen.
Und es würde wohl auch keinen Sinn machen, Millionen von Deutschen zum Therapeuten zu schicken. Mit dem Ziel, dass diese endlich ihr festgefahrenes Urteil loswerden.