Am 17. August lautete eine Headline in der Tageszeitung „OÖNachrichten“: „Energiewende zwingt den britischen Ölkonzern BP zu radikalem Umbau“. Dazu hieß es dann weiter: „Der britische BP-Konzern setzt für seinen Wandel vom Ölgiganten zu einem der weltweit größten Ökostromproduzenten alles auf eine Karte. Die radikale Abkehr vom Ölgeschäft ist ein gewaltiger Strategieschwenk, der nicht nur viele Milliarden Dollar an Investitionen verschlingt, sondern dem Unternehmen in Zukunft auch niedrigere Margen einbringen könnte, sagen Analysten.“
Von BP zu bp
Interessant dabei ist, dass BP immer noch als Ölkonzern gesehen wird. Warum ist das interessant? Es ist deshalb aus Markensicht interessant, weil bereits im Jahr 2002 der damalige BP-Chef Lord John Browne folgendes Statement in einer Rede an der Stanford University von sich gab: „We need to reinvent the energy business. We need to go beyond petroleum.“.
So startete BP bereits 2001 eine Kampagne, um der Öffentlichkeit zu erklären, dass BP nicht für British Petroleum, sondern dass bp für beyond petroleum stehen sollte. Nur nach öffentlichen Krisen im Jahr 2006 (Ölverschmutzung in Alaska nach einem Pipeline-Bruch) und 2010 (Explosion auf der Ölplattform Deepwater Horizon und einer der schwersten Umweltverschmutzungen im Golf von Mexiko) gab man den Markenwechsel von 2001 stillschweigend auf. Zudem verkaufte BP damals viele seiner Solar- und Windkraftanlagen.
Das wahre Problem aus Markensicht
Nur das Problem lag und liegt tiefer. So wird die Abkürzung BP, egal welche Strategie man verfolgt, immer für British Petroleum stehen. Daran änderte weder die beyond petroleum-Kampagne noch das neue Logo aus dem Jahr 2002, das an eine Sonnenblume erinnern soll, etwas.
Dazu schrieb ich im Sommer 2005 in meinem Buch „Brandtner on Branding“: „Auch British-Petroleum (jetzt bp) begibt sich heute auf einen gefährlichen Pfad, indem man sich anscheinend vom Erdölkonzern zum integrierten Energiekonzern wandeln will. So steht das Konzernkürzel bp jetzt wie im aktuellen Slogan für „beyond petroleum“. In der Werbung präsentiert man sich jetzt u.a. als Europas Nr. 1 in der Solarenergie. Die Strategie „mehrere Standbeine im Energiegeschäft zu besetzen“ mag richtig sein, aber die Brandingstrategie, dies alles unter der Marke bp realisieren zu wollen, verurteilt diese Strategie – langfristig betrachtet – zum Scheitern.“
Fast 20 vertane Jahre
So gesehen hat bp fast 20 Jahre verschenkt, weil man damals im Jahr 2001 den Bereich „erneuerbare Energie“ nicht unter einer eigenen Marke positioniert hat. So gesehen wird auch der erneute Strategieschwenk wenig bringen, solange man nicht den Mut hat, dafür eine eigene Marke zu lancieren. Und selbst eine eigene Marke ist zu wenig, solange diese nicht eine echte Alleinstellung in den Köpfen der Kunden einnehmen kann. Aus dieser Warte steht BP heute vor zwei großen Herausforderungen aus Markensicht: (1) Man braucht eine klare Positionierung für die erneuerbare Energie. (2) Man sollte zudem dafür eine neue Marke entwickeln. So einfach in der Theorie, anscheinend so unendlich schwer in der Praxis.