Einst wurde mein US-Partner Al Ries gefragt, was aus seiner Warte die beste Positioning-Kampagne aller Zeiten gewesen sei. Seine Antwort lautete: „BMW“. So steht BMW seit Mitte der 1960er Jahre für Fahrfreude. Aber BMW hatte (und hat) so nicht nur eine klare Positionierung. BMW lebte und kämpfte für diese Position. So machte BMW das Thema Fahrfreude und damit die Marke über Jahrzehnten wichtiger, vom Krisenkandidaten bis hin zum Weltmarktführer im Premiumsegment.
Auswahl statt Fahrfreude
Nur damit dürfte jetzt Schluss sein. So hieß kürzlich in einem BMW-Advertorial: „Zukunft ist Auswahl“. Und weiter im Text, wie BMW auf die kommenden Entwicklungen in der Automobilindustrie reagieren will: „Zukunft ist Auswahl. Die Kernbotschaft dahinter lautet: „BMW ermöglicht eine so breite Auswahl, dass nahezu jeder Wunsch erfüllt werden kann und der Kunde selbst in der Lage ist, seine automobile Zukunft zu bestimmen.“
Das heißt, wie es aussieht: BMW setzt in Zukunft auf Anbiederungs- statt Überzeugungsmarketing. Statt die Kunden mit „Fahrfreude“ aktiv zu überzeugen, will man den Kunden alles bieten, was diese wollen. Schwierig könnte es da für BMW werden, falls der Kunde doch lieber einen Tesla haben möchte.
Der Faktor Anziehungskraft
Damit sind wir bei einem wichtigen Punkte. Starke Marken haben eine enorme Anziehungskraft, weil diese für etwas stehen, was die Kunden überzeugt und was für die Kunden relevant ist. Die Botschaft „Auswahl“ ist dafür nicht nur viel zu schwach, sondern sogar kontraproduktiv. Denn in der Realität sorgt die Konkurrenz für Auswahl, die Marke sollte dafür sorgen, dass man die erste Wahl in dieser Auswahl ist.
Erschwert wird das Ganze für BMW noch einmal dadurch aktuell, dass man gerade (aus welchen Gründen auch immer) seine, wenn auch eingeschränkte Vorreiterrolle in der Elektromobilität zu Grabe trägt. So hatte BMW mit dem i3 eines der wenigen Elektroautomodelle, die auf der Straße auffielen. Aber auch damit ist Schluss. In Zukunft wird BMW jede Modellreihe mit mindestens einem Modell elektrifizieren.
„Logik“ mit zwei Nachteilen
Auf den ersten Blick mag das logisch erscheinen, aber es hat aus Marken- und auch aus Innovationssicht zwei gravierende Nachteile:
(1) Die zukünftigen Elektromodelle werden so im Straßenbild so gut wie unsichtbar. Das heißt: Selbst wenn man bei Elektroautos erfolgreich sein wird, wird dieser Erfolg nicht wirklich sichtbar werden.
(2) Es könnte sich auch aus Innovations- und Produktionssicht einmal bitter rächen, dass man alle Autos aus Benzin- und Dieselperspektive entwickelt. Denn was würde passieren, wenn einmal reine Elektroautos nur die Hälfte oder gar ein Drittel in der Produktion kosten würden? Dann hätte BMW ein wirklich ernsthaftes Problem, dass sich wahrscheinlich auch mit Premiumpreisen nicht lösen lässt.
Was BMW jetzt tun sollte
Die Antwort darauf ist aus Markensicht zweigeteilt: Zuerst einmal sollte sich BMW wieder voll auf „Fahrfreude“ fokussieren, denn das ist das, was die Marke ausmacht und was der Marke Anziehungskraft gibt. Dann sollte BMW unbedingt die eigene Strategie bei der Elektromobilität noch einmal überdenken. Denn BMW braucht nicht viele elektrifizierte Modelle. BMW braucht mindestens ein wirklich erfolgreiches Elektroauto, am besten unter einer eigenen Marke, wenigstens unter einer starken Submarke. (Denn elektrische Fahrfreude ist zurzeit sicher Tesla.)
Nur das wird dauern. Daher sollte man kurzfristig als Markennotprogramm in Analogie zum M-Paket ein E-Paket entwickeln, das dafür sorgt, dass die Elektroautomodelle auf den ersten Blick sichtbarer werden. Dazu könnte man auch eine eigene wirklich sichtbare „E-Niere“ andenken. Aber auf alle Fälle braucht BMW wieder mehr Selbstvertrauen, denn sich „den Kunden anbiedern“ ist keine gute Marken- und Unternehmensstrategie. Denn eines ist klar: Zukunft ist mit Sicherheit Auswahl. Die Frage ist nur, ob und wie BMW dabei ist.
Michael
Du triffst den Nagel auf den Kopf, hoffe BMW liest deinen Kommentar
LG und xund bleiben
Reinhard
Danke Dir! Hoffe ich auch.
Liebe Grüße
Michael