Viele Unternehmen definieren in den nächsten Wochen und Monaten im Detail ihre konkreten Jahresziele für 2024. Diese sind je nach Marktausblick und Unternehmen einmal mehr und einmal weniger ambitioniert. Eines aber haben die meisten gemeinsam: Sie sind von Wachstum geprägt. Gleichzeitig wird in vielen Unternehmen Wachstum automatisch mit „Mehr“ gleichgesetzt.
Die „Mehr ist mehr“-Logik versus …
So geht es in vielen dieser Jahresmeetings letztendlich um mehr neue Produkte und Dienstleistungen, mehr Zielgruppen und mehr Vertriebskanäle, um die Kunden ganzheitlich zu erreichen Aber genau dieses „Mehr“ führt, wenn es sukzessive übertrieben wird, dazu, dass Marken in der Wahrnehmung der Kunden an Profil, Einzigartigkeit und damit letztendlich an Anziehungskraft verlieren.
Übereinfacht ausgedrückt: Wenn jede Marke in einem bestimmten Markt oder Marktsegment, alles für alle anbietet, dann werden sich zwangsläufig aus Kundensicht alle Marken in diesem Markt oder Marktsegment ähnlicher. Gleichzeitig gewinnt damit aber der tiefe Preis als Auswahlkriterium. Genau diese Entwicklung hatten und haben wir: Wenn Kunden heute vor dem Regal stehen, verlieren sie immer öfter im Überangebot den Überblick und entscheiden sich dann oft spontan aufgrund von Preisaktionen.
Das ist der kurzfristige Effekt. Der längerfristige Effekt: Die Kunden werden so immer mehr zum Preis- und Promotionkäufer erzogen. Dazu schreiben Peter Haller und Wolfgang Twardawa in ihrem Buch „Building Best Brands“: „Sehr eindrucksvoll ist der empirisch gesicherte Nachweis, dass Preispromotions Markenkäufer zu Promotionkäufer erziehen. … Besonders beunruhigend an dieser Situation ist, dass der Status des Promotionkäufers die Vorstufe zum Abstieg ins Handelsmarkensegment ist.“
… die „Weniger ist mehr“-Logik
Nur wenige Unternehmen stellen sich in dieser Situation bewusst die Frage, wie man mit weniger mehr Wachstum und vor allem mehr Profit erzielen kann. Genau darum geht es beim Thema Brand Decluttering. Aktuell ist Decluttering nicht nur im privaten Leben ein heißer Trend, auch Marken können enorm vom „Ausmisten“ profitieren.
Dabei geht es beim Brand Decluttering oft gar nicht darum, dass man sofort radikal ausmistet, sondern dass man einmal Kräfte zum Beispiel auf ein Leadprodukt fokussiert. So kann ein einzelnes Produkt oder auch eine einzelne Dienstleistung enorm viel für eine Marke in Summe tun. Typische Beispiele für diese Art der Leadprodukte waren und sind der BMW 1500 in den 1960er Jahren für BMW, der 911er Porsche für Porsche in den 1990er Jahren, das Modell Duke für KTM, das Koffeinshampoo für Alpecin, der Lachgummi für Nimm 2, das Samsung Galaxy für Samsung oder iPod, iPhone und iPad für Apple.
Den Fokus verengen
Heißt: Viele Marken würden heute enorm davon profitieren, wenn man den Mut hätte, das eigene Markenportfolio einmal mit der „Weniger ist mehr“-Brille unter die Lupe zu nehmen. Nur das ist – vor allem psychologisch gesehen – alles andere als einfach. Etwas wegnehmen oder sich von etwas trennen müssen, löst in unserem Gehirn immer Schmerz aus. Das gilt auch dann, wenn man sich gezwungen sieht, eine eigene Meinung aufgeben zu müssen. So gesehen ist es verständlich, dass es vielen Entscheidern schwer fällt, von einer gängigen „Mehr ist mehr“-Philosophie auf eine „Weniger ist mehr“-Philosophie zu wechseln. Nur genau darin kann die große Chance für Ihre Marke und Ihr Unternehmen liegen. Denn die richtige Verengung des Fokus führt in der Regel zu einer stärkeren Position in der Wahrnehmung und dann am Markt.
