Das Repositionieren einer Marke ist der mit Abstand schwierigste Markenjob von allen. Das liegt vor allem darin, dass unser Gehirn ungern umlernt. Das Umlernen ist schwieriger als das Neulernen. Dieser Erfahrung kennt jede oder jeder, der einmal eine falsch eingelernte Sportart mehr oder weniger erfolgreich umlernte. So gesehen wird es aktuell spannend, wie und ob es XING gelingt, sich erfolgreich neu aufzustellen.
Vom Rebranding …
Die Plattform XING wurde vor etwas mehr als 20 Jahren unter dem Namen OpenBC (Open Business Club) durch Lars Hinrichs gegründet und stieg schnell zum führenden Business-Netzwerk in Deutschland, oder besser im deutschsprachigen Raum auf. 2006 kam dann das Rebranding in XING. Dazu hieß es im Manager-Magazin am 9. Oktober 2006: „Die gewagte Wandlung: Gegründet im August 2003 zählt Open BC, die Plattform für Geschäftskontakte im Internet, inzwischen mehr als 1,5 Millionen Mitglieder. Doch nicht mehr lange: Open BC geht, Xing kommt.“ Mit der Umbenennung wollte man laut Gründer Hinrichs vor allem auch internationaler werden.
Nur genau hier lag und liegt das große Problem. In einer internationalen oder besser globalen Welt blieb XING immer eine Art „einsame Insel“ mit vielen Nutzern aus dem deutschsprachigen Raum. Konkurrent LinkedIn punktete dagegen vor allem mit Internationalität, Interaktivität und Content. So gesehen ist es nicht verwunderlich, dass man sich bei XING neu positionieren will und sogar neu positionieren muss.
… zum Repositioning
Dazu hieß es auf Horizont.net am 8. Januar dieses Jahres: „Xing hat in diesem Jahr wahnsinnig viel vor. Die Plattform aus dem Hamburger New-Work-Konzern, die hierzulande als Business-Network groß wurde und bereits im vergangenen Jahr erste Schritte hin zu einer Neupositionierung unternahm, konzentriert sich künftig voll und ganz auf das Thema Jobs. Damit einher geht eine Kommunikationsoffensive mitsamt neuem Markenauftritt.“
Dazu erklärte Solon Magoulakis, Vice President Marketing und Brand Experience bei Xing gegenüber Horizont: „Wir sind nicht mehr nur ein allgemeines berufliches Netzwerk mit Job-Suchfunktion, sondern eine Job-Suche-Plattform mit Netzwerkfunktionalitäten: kurzum das erste Jobs-Netzwerk.“ Thomas Kindler, Managing Director bei XING ergänzte dazu: „Die Arbeitswelt verändert sich massiv, aber die Suche nach dem richtigen Job fühlt sich immer noch an wie vor 20 Jahren.“ Der neue abgewandelte Markenclaim zu dieser Markenneuausrichtung lautet: „Zeit für eine neue Art der Job-Suche. Mach Dein XING“.
Rein in den Jobportal-Megawettbewerb
Es ist sicher aus Markensicht eine gute Idee eine neue Kategorie zu kreieren, in der die eigene Marke einen Führungsanspruch stellt. Im Falle von XING lautet diese Kategorie jetzt laut Eigendefinition „das erste Jobs-Netzwerk“. Nur eine neue Kategorie alleine ist zu wenig. Entscheidend ist vor allem, dass man in einem bestimmten Bereich echte Relevanz aufbauen kann.
Nur genau das könnte sehr schwierig werden. Denn mit dieser Neuausrichtung begibt sich XING in ein hochkompetitives Geschäftsumfeld. So gibt es laut Haufe.de alleine in Deutschland über 1.600 Jobportale. Nur genau damit steigt für XING auch die Gefahr, dass man bei der Jobsuche nicht als „das erste Jobs-Netzwerk“, sondern nur als weiterer Jobportal-Anbieter unter vielen wahrgenommen wird. So genügt es wahrscheinlich nicht, von einer neuen Art der Job-Suche und dem ersten Jobs-Netzwerk zu sprechen. Vielmehr geht oder würde es darum gehen, mit einem echten neuen ganz konkreten Job-Feature zu punkten.
Der „1500er“ für XING
Dabei könnte XING von BMW lernen. In den 1960er Jahren setzte man bei BMW nicht nur auf die Neuausrichtung „Fahrfreude“ mit dem Slogan „Aus Freude am Fahren“, man brachte diese Neupositionierung auch konkret mit dem BMW 1500er zum Leben. Dieses Modell war damals das Leadprodukt und gleichzeitig der nachvollziehbare Beweis für echte Fahrfreude auf der Straße. Nur wie es aktuell aussieht, fehlt XING genau so eine Art von Leadprodukt oder Leaddienstleistung, um wirklich einen echten und nachvollziehbaren Unterschied am Markt der Jobportale und Jobnetzwerke zu machen. Die Zukunft wird es zeigen.
