Kellogg oder warum (Re)Fokussierung alleine zu wenig sein kann

Am 21. Juni konnte man auf Manager-Magazin.de folgende Schlagzeile lesen: „Der Cornflakes-Riese Kellogg spaltet sich auf“. Und weiter: „Der US-Nahrungsproduzent Kellogg spaltet sich in drei Teile auf. Den Kern soll künftig das globale Snack- und Cerealien-Geschäft mit Marken wie Kellogg’s, Frosties oder Pringles bilden. Einen Verkauf der zwei anderen Teile vor einer eigenständigen Börsennotierung schließt der Vorstand nicht aus.“

So wird es in Zukunft drei Unternehmen geben, nämlich a) das Kernunternehmen, das sich global auf Snacks, Cerealien und Frühstücksflocken fokussieren wird, b) ein Unternehmen, das sich auf das stagnierende Nordamerika-Geschäft mit Cornflakes, Rice Krispies und anderen Frühstücksflocken fokussieren wird und c) ein Unternehmen, das sich rund um die Kernmarke MorningStar Farms auf vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte fokussieren wird. Nur diese Fokussierung oder auch Refokussierung alleine könnte zu wenig sein. Entscheidend, ob eine Fokussierung oder Refokussierung wirklich erfolgreich ist oder sein wird, hängt vor allem von den folgenden drei Faktoren ab.

Faktor 1 Konzentration

Aktuell müssen immer mehr Unternehmen erkennen, dass man sich im Hyperwettbewerb von heute auf das sogenannte Kerngeschäft fokussieren oder auch refokussieren muss. Damit ist Kellogg im Sinne von Unternehmensaufspaltung und Fokussierung in guter Gesellschaft mit Unternehmen wie GE, Johnson & Johnson oder auch Kraft Foods, die kürzlich ebenfalls ähnliche Schritte setzten.

Als Gründe für diese Aufspaltungen werden in der Regel das Wachstum, das Gewinnpotenzial und der Wertzuwachs angeführt. So erklärte auch Kellogg-Chef Steve Cahillane zur oben erwähnten Aufspaltung: „Jedes dieser Unternehmen soll mehr Wert für alle Beteiligten schaffen, und jedes ist in einer guten Ausgangslage, um eine neue Ära von Innovation und Wachstum zu prägen.“

Aber mindestens genauso wichtig, wenn nicht noch wichtiger ist, dass sich das Management wieder voll auf einen enger definierten Markt, dessen Umfeld und vor allem dessen zukünftige Entwicklung im wahrsten Sinne des Wortes konzentrieren kann. Speziell die Digitalisierung hat viele Unternehmen verführt, das eigene Kerngeschäft digital zu „ergänzen“. Übersehen wurde dabei oft, dass sich damit nicht nur die Komplexität, sondern auch die Anzahl der Wettbewerber vervielfachte.

Faktor 2: Richtung

Fokussierung oder Refokussierung richtig verstanden heißt zudem auch immer, dass man damit dem Unternehmen mehr Richtung gibt. So ist klar, dass ein Unternehmen mit fünf strategischen Geschäftsfeldern mehr potenzielle „Zukünfte“ und damit Richtungen als ein Unternehmen mit nur einem strategischen Geschäftsfeld hat.

Aber noch viel wesentlicher dabei ist, in welchem geographischen Raum sich diese Parallelzukünfte abspielen. Nehmen Sie etwa Douglas! Bereits 2019 hieß es über die zukünftige Ausrichtung von Douglas im Manager-Magazin: „Aus Douglas soll eine Beautyplattform werden, auf der sich ein Termin beim Frisör buchen, eine Masseurin nach Hause bestellen und die Handtasche zum Abendkleid finden lässt.“ Zudem stieg man kürzlich auch noch in das Geschäft für Online-Apotheken ein.

Wie es aussieht, sucht man bei Douglas eine breitdefinierte Zukunft in einem geographisch eingeschränkten Markt, vor allem in Deutschland. Aus Sicht des stationären Handels, der auch aufgrund der Bauordnung einen gewissen Wettbewerbsschutz gegenüber potenziellen neuen Mitbewerbern genießt, mag dies durchaus Sinn machen. Aus Online-Sicht sieht das ganz anders aus. So müsste sich das Management bei Douglas aktuell folgende zwei strategische Fragen stellen:

(1) Wie sieht die Zukunft von Douglas im stationären Handel aus?

(2) Wie sieht die Zukunft von Douglas im globalen Internet aus?

Wenn man das volle Potenzial des Internets nutzen möchte, dann kann es keine gemeinsame Antwort oder Richtung auf beide Fragen geben. Wenn man das volle Potenzial des Internets nicht nutzen möchte, dann kann es zwar eine gemeinsame Antwort und Richtung auf beide Fragen geben, aber es besteht die große potenzielle Gefahr, dass man speziell im Internet mittel- und langfristig unter die fokussierteren Räder des globaleren Wettbewerbs kommt.

Faktor 3: Dominanz

Und damit sind wir beim dritten Punkt: Wenn man die eigenen Kräfte fokussiert, wenn man dem eigenen Unternehmen, den eigenen Marken damit auch Richtung gibt, dann ist das übergeordnete Ziel klar Marktdominanz. Es geht darum, dass man einen Markt mit einer oder auch mehreren Marken zuerst mental und dann tatsächlich dominiert.

Damit sind wir aber bei einem weiteren extrem wichtigen Punkt, nämlich: Es geht nicht nur darum, dass man den eigenen Fokus verengt. Es geht darum, dass man den eigenen Fokus so verengt, dass man damit eine mentale Spitzenstellung erreicht. Nehmen Sie etwa Simon-Kucher & Partners! Als Hermann Simon im Jahr 1985 gemeinsam mit  seinen Doktoranden Eckhard Kucher und Karl-Heinz Sebastian diese Unternehmensberatung gründete, fokussierte man auf das Thema Preismanagement. So wurde man etwa 2004 von BusinessWeek als „world leader in giving advice to companies on how to price their products“ beschrieben. Heißt: Mit dieser Fokussierung schuf man sich nicht ein klares Beratungs- und Geschäftsfeld. Man eroberte sich auch eine mentale und folglich tatsächliche Spitzenstellung.

Was würde passieren, wenn heute jemand eine neue Unternehmensberatung mit dem Fokus auf Preismanagement gründen würde? Antwort: Diese wäre dazu verdammt, im Schatten von Simon-Kucher zu stehen. Genau das ist der entscheidende Punkt in Bezug auf Fokussierung, wie wir es verstehen. Fokussierung alleine im Sinne von Konzentration auf ein Kerngeschäft ist zu wenig. Das funktioniert nur, wenn man damit auch mentaler und dann tatsächlicher Marktführer werden kann.

Kellogg und diese drei Punkte Unter diesen Gesichtspunkten sieht die aktuelle Fokussierung oder Refokussierung von Kellogg mehr wie eine Art „Rosinenpicken“ aus, indem man sich die starken internationalen Marken wie Kellogg’s, Pringles oder Frosties behalten will. Das mag aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht durchaus Sinn machen, speziell wenn man die Gegenwart und nahe Zukunft im Auge hat. Strategisch gesehen wäre es wahrscheinlich besser gewesen, wenn man sich global voll auf Frühstückscerealien inkl. dem stagnierenden Amerikageschäft fokussiert hätte, um dann zu überlegen, wie man dieses Geschäft auch mit neuen klassischen Marken und Online-Marken in die Zukunft geführt hätte. Die Zukunft wird es zeigen.

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