50 Jahre „The Positioning Era“ und drei Antworten von Al Ries

Vor 50 Jahren erschien in Advertising Age eine drei-teilige Serie, die erstmals einem breiten Marketingpublikum das Konzept „Positioning“ vorstellte. Es folgten viele weitere Artikel, Kommentare und 1981 dann der Klassiker, das Buch „Positioning: The Battle For Your Mind“. Dieses Werk dürfte heute mit über 3 Millionen verkaufter Exemplare das wahrscheinlich meist verkaufte Marketingbuch dieser Erde sein. Was aber war wirklich das Revolutionäre an Positioning, das dieses Konzept bis heute so populär und wichtig macht? Dazu sollten wir uns drei Fragen und die Antworten von Al Ries zum 40 Jahre-Jubiläum des Buches „Positioning“ ansehen:

(1) Wie ordnen wir Markennamen in unserer Wahrnehmung und in unserem Gedächtnis?

Nicht in alphabetischer Reihenfolge. Nicht in numerischer Reihenfolge. Nicht in irgendeiner willkürlichen Weise. Wir ordnen die Dinge in unserem Kopf auf dieselbe Weise, wie wir sie zu Hause oder im Büro ablegen. In Aktenordnern.  Dazu haben wir geistige „Aktenordner“ für Biermarken, Kaffeemarken, Colamarken und für viele andere Produkte und Dienstleistungen.

Bevor die Kunden entscheiden, welche Marken sie kaufen wollen, entscheiden sie zunächst, welche Produktkategorie sie kaufen wollen. Angenommen, Sie möchten eine Cola kaufen. Sie sehen sich zunächst ihren „Cola-Ordner“ an. In den meisten Köpfen ist Coca-Cola die führende Marke. Pepsi-Cola steht an zweiter Stelle.

Ich nenne diese Aktenordner im Kopf „Positionen“. Ich könnte also sagen, dass Coca-Cola die Cola-Position in den Köpfen einnimmt. Die meisten Marken tun jedoch so, als gäbe es in den Köpfen der potenziellen Kunden keine Aktenordner oder Kategorien. Nur Marken. Deshalb hat Coca-Cola den Coca-Cola Energy Drink auf den Markt gebracht. Nur wie viele potenzielle Kunden werden Coca-Cola in ihren Energy-Drink-Ordner aufnehmen? Fast keiner, wie wir heute wissen. In ihren Köpfen gehört Coca-Cola zur Kategorie Cola. Nicht in die Kategorie der Energydrinks.

Sehen wir uns ein anderes Beispiel an. Vor Jahren führte Red Bull Red Bull Simply Cola ein. Dietrich Mateschitz, der Gründer von Red Bull, sagte damals voraus, dass der Cola-Absatz in drei bis fünf Jahren so hoch sein würde wie der Energy-Drink-Umsatz. Das ist nie geschehen. In den Köpfen der potenziellen Kunden gehört Red Bull zur Kategorie der Energy-Drinks. Nicht in die Kategorie Cola. Eine Marke hat außerhalb ihrer eigenen Kategorie fast keinen Wert.

(2) Was ist das wichtigste Attribut, das eine Marke besitzen sollte?

Marktführerschaft! Vor vierzig Jahren habe ich zusammen mit meinem Co-Autor Jack Trout ein Buch mit dem Titel „Positioning: The Batttle for Your Mind“ geschrieben. Unser Ratschlag: Eine erfolgreiche Marke muss eine Führungsposition in ihrer mentalen Kategorie oder Position einnehmen.

Ein Verbraucher glaubt, dass das bessere Produkt auf dem Markt gewinnt. Der Verbraucher denkt aber gleichzeitig: Warum sollte ich meine Zeit mit der Suche nach der besten Cola-Marke verschwenden, wenn Tausende von Menschen bereits Coca-Cola als die beste Marke ausgewählt haben.

Dies gilt für viele Produkt- und Dienstleistungskategorien. Wenn eine Marke der eindeutige Marktführer in einer Kategorie ist, werden die meisten Verbraucher automatisch diese Marke kaufen, ohne eine andere Marke in Betracht zu ziehen.

(3) Was ist der größte Fehler im Marketing?

Kundenorientiert zu sein. Fast alle Marketingleute glauben, dass der Schlüssel zum Erfolg im Marketing darin liegt, herauszufinden, was die Kunden wollen, und ihnen dann ein besseres Produkt oder eine bessere Dienstleistung anzubieten. Dem ist nicht so. Der Schlüssel zum Erfolg im Marketing liegt darin, sich am Wettbewerb zu orientieren. Sie müssen einen Weg finden, Ihre Marke „anders“ zu machen als alle ihre Konkurrenten.

Indem Sie Ihre Marke anders machen als der Wettbewerb, können Sie in den Köpfen der potenziellen Kunden oft eine neue Kategorie schaffen. Seit dem Jahr 2009 arbeiten wir für ein chinesisches Automobilunternehmen namens Great Wall Motor. Die vom Klienten zur Verfügung gestellte Marktforschungsstudie zeigte damals, dass chinesische Kunden Limousinen bevorzugten, weil sie als prestigeträchtiger galten. Chinesische Kunden hielten [laut dieser Studie] SUVs für praktische Fahrzeuge ohne sozialen Status.

Wir gingen also davon aus, dass die anderen 28 chinesischen Automobilunternehmen die gleiche Studie lesen würden und sich daher auf Limousinen konzentrieren würden. So blieb der SUV-Markt für Great Wall offen. Also rieten wir dem Kunden, sich auf SUVs zu konzentrieren. Das taten sie und bauten die meistverkaufte SUV-Marke in China auf. In den letzten 10 Jahren stieg der Umsatz von Great Wall um 684 Prozent.

Positioning und die nächsten 50 Jahre

Positioning ist ein Denkmodell, das auf der Wahrnehmung der Kunden basiert. Egal ob Sie Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung analog oder digital anbieten, die Entscheidung, ob Ihr Angebot ankommt oder nicht, fällt nicht im Markt oder im Internet, sondern immer und immer nur in den Köpfen Ihrer bestehenden und potenziellen Kunden. Das heißt aber auch: Je größer die Überlastung unserer Gehirne durch immer neue Angebots- und Kommunikationsmöglichkeiten wird, desto wichtiger wird das Konzept „Positioning“, egal ob für ein Start-up-Unternehmen oder für große etablierte Weltkonzerne. Vor mehr als 100 Jahren besetzte Gillette die Kategorie „Nassrasur“ in den Köpfen der Kunden. Nichts anderes machte Elon Musk mit der Kategorie „Elektroauto“ und der Marke Tesla.

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