Markenlektion 2021 oder der wahrscheinlich wertvollste Buchstabe der Welt

Im Oktober dieses Jahres präsentierte Interbrand wie jedes Jahr seit 2001 die wertvollsten globalen Marken dieser Erde. Dabei überschritt Apple als erste Marke der Welt die 400 Milliarden US-Dollar-Marke und führt dieses Ranking mit 408,3 Milliarden gefolgt von Amazon mit 249,2, Microsoft mit 210,2, Google 196,8 und Samsung 74,6 klar an. Gleichzeitig feierte auch der iPod von Apple seit 20-jähriges Jubiläum.

Vom Krisenkandidaten …

Dabei sah die Zukunft von Apple im Jahr 2001 ganz und gar nicht so rosig aus. Damals lag man im oben genannten Markenranking gerade einmal auf Platz 49 mit einem Markenwert von 5,46 Milliarden US-Dollar. Damals stand Apple vom Markenwert her klar im Schatten anderer Technologiemarken wie Microsoft, IBM, GE, Nokia, Intel, HP, Cisco, Sony, Compaq, Oracle, Kodak, Nintendo, Dell, Ericsson, Canon, Samsung, SAP und Xerox.

Zudem hieß es in diesem Ranking, das damals in BusinessWeek vom 6. August 2001, also vor der Vorstellung des iPods im Oktober, Premiere feierte: „Apple bringt weiterhin attraktive Produkte auf den Markt, hat aber Schwierigkeiten, über die Mac-Fangemeinde hinaus Abnehmer zu finden.“ Dabei las sich das für Apple bereits wieder sehr schmeichelhaft im Vergleich zur BusinessWeek Titelseite vom 5. Februar 1996. Damals hieß es dort über Apple: „The Fall of An American Icon“. Heißt aber auch: In 25 Jahren wandelte sich Apple vom Krisenkandidaten zum Vorzeige- und Vorbildunternehmen.

… zum Vorzeigeunternehmen

Die meisten Unternehmen hätten wahrscheinlich in einer solchen Krisensituation intuitiv auf eine klassische 3-fach-Offensive gesetzt: Man hätte zeitgleich eine Produkt-, Werbe- und Preisoffensive gestartet, um den Turnaround der Marke zu erzwingen. Ganz anders Steve Jobs. Er fokussierte 2001 alle Kräfte auf den iPod, den ersten MP3-Player mit Harddisc und den brillanten Slogan „1000 songs in your pocket“.

Damit schuf er nicht nur eine neue Erfolgsbasis für Apple, er setzte auch auf einen neuen Markenmodus. Es begann das Zeitalter der „i“-Innovationen für Apple. So lancierte er nicht einen Apple MP3 Player, ein Apple Smartphone und ein Apple Tablet, sondern iPod, iPhone und iPad. Lag Apple im Jahr 2001, wie bereits oben erwähnt, nur auf Platz 49, war man im Jahr 2007, als das iPhone präsentiert wurde, bereits auf Platz 33 mit einem Markenwert von 11,04 Milliarden US-Dollar vorgerückt. Im Jahr 2010, als das iPad präsentiert wurde, lag Apple bereits auf Platz 17 dieses Rankings mit einem Wert von 21,14 und löste 2013 endgültig den Langzeitspitzenreiter Coca-Cola an der Spitze ab. (Damals lag der Markenwert von Apple bei 98,32 Milliarden US-Dollar.)

Der wahre „i“-Wert

So wurde Steve Jobs nicht umsonst bereits zu Lebzeiten durch den Erfolg dieser „i“-Innovationen zum „iGod“ erhoben. Damit sind wir bei einem extrem wichtigen Punkt aus Markensicht. Denn durch diese Art der Namensgebung schuf er nicht nur drei neue Innovationen, er baute de facto drei neue Marken. Das lässt sich sehr schön aus zwei Perspektiven festmachen:

(1) Die Perspektive „Mundpropaganda“: Niemand würde heute in einen Apple Store oder in einen Media-Markt gehen und nach einem Apple Smartphone, einem Apple Tablet oder einem Apple MP3-Player fragen. Stattdessen haben sich in der Wahrnehmung und im Sprachgebrauch die Marken iPhone, iPad und iPod klar durchgesetzt. Damit besitzen diese Produkte mental auch eine stärkere und eigenständigere Position als etwa die Apple Watch. Denn mental betrachtet ist diese immer nur die Watch von Apple, weil sie keinen eigenen Namen a la iPhone besitzt.

(2) Die Perspektive „potenzieller Markenverkauf“: Noch spannender wird es aber, wenn man das Ganze aus Sicht eines potenziellen Markenverkaufs bewerten würde. Wie viel Geld würde jemand für die „Namen“ Phone, Tablet, MP3-Player oder Watch ausgeben? Antwort: „Null, weil das generische Begriffe sind, die jeder verwenden darf.“ Ganz anders würde das für iPad, iPod, vor allem aber für iPhone aussehen. Hier schuf Steve Jobs echte Markenmehrwerte.

AWS, Azure und Google Cloud

Interessant in diesem Kontext sind auch die aktuellen Branding-Strategien von Amazon, Google und Microsoft im Cloud-Business. Bei Amazon lautet der Markenname für das Cloud-Business Amazon AWS, bei Microsoft Azure und bei Google einfach nur Google Cloud. Aus Markensicht verfolgen hier Amazon und vor allem auch Microsoft eine klar bessere Strategie als Google, da beide auf echte Markennamen setzen, während Google nur auf den generischen Begriff „Cloud“ setzt.

So macht es letztendlich einen großen Unterschied, ob man sich nur ein neues Geschäftsfeld oder ein neues Geschäftsfeld mit einer neuen Marke aufbaut. Wenn Google sich einmal vom Geschäftsfeld Cloud trennen möchte, kann man nur das Business verkaufen. Wenn sich Microsoft oder Amazon einmal davon trennen möchte, könnte man das Business und die Marke Azure beziehungsweise die Marke AWS verkaufen. Und das könnte finanziell einen sehr, sehr, sehr großen Unterschied ausmachen. Fazit oder die Markenlektion 2021: Seien Sie nicht nur innovativ, sondern geben Sie Schlüsselinnovationen oder neuen Schlüsselgeschäftsfeldern auch einen echten neuen Namen, wobei dabei schon ein kleines „i“ aus dem generischen Begriff Phone eine mächtige Marke iPhone machen kann.

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