Das aktuelle Zusammenspiel von Globalisierung und Digitalisierung stellt viele Unternehmen nicht nur vor große operative Herausforderungen, es bedeutet auch, dass viele Unternehmen ihre Geschäftsmodelle in die Zukunft transformieren müssen, um dauerhaft erfolgreich zu bestehen. Interessant dabei ist, dass genau in solchen Situationen Unternehmen anscheinend gerne das eigene Logo als Fortschrittssymbol überarbeiten.
Toyota, VW, BMW, Opel und Nissan
Typisches Beispiel dafür ist ganz aktuell die Autoindustrie, die heute in Zeiten anderer Antriebstechnologien wie etwa dem Elektromotor über das mögliche Ende der Benzin- und Dieselära nachdenken muss. So geht es nicht nur darum, eine Antriebsart durch eine andere zu ersetzen, sondern das gesamte Geschäftsmodell neu zu denken. Genau in dieser Situation haben kürzlich Toyota, VW, BMW, Opel oder Nissan jeweils ihr Logo überarbeitet. Aus Markensicht sind dabei die Aussagen des Managements fast interessanter als die Logoveränderungen selbst:
Toyota: „Wir haben das neue visuelle Design der Marke mit Blick auf Morgen entwickelt.“ Didier Gambart, Vice President, Sales, Marketing & Customer Experience bei Toyota Motor Europe. So geht es laut Medienberichten Toyota vor allem darum, dass man damit neben einer besseren digitalen Einsatzfähigkeit vor allem auch den Übergang vom reinen Autobauer zum Mobilitätsanbieter vollzieht.
VW: „Die Marke vollzieht mit der Formulierung neuer inhaltlicher Ansprüche und neuen Produkten einen tiefgreifenden Wandel hin zu einer bilanziell emissionsfreien Zukunft für alle. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die neue Haltung unserer Marke auch nach außen sichtbar zu machen.“ Jürgen Stackmann, Mitglied des Markenvorstands für Vertrieb, Marketing und After Sales. So will VW mit dem neuen Auftritt eine Emotionalisierung der Elektromobilität erreichen.
BMW: „Das neue Logo und Brand Design symbolisiert die Bedeutung und Relevanz der Marke für die Mobilität und der Freude am Fahren in der Zukunft.“ Jens Thiemer, Senior Vice President Customer & Brand BMW. Das neue Logo verstehe man bei BMW zudem als Einladung an die Kunden, die Marke und ihre Produkte neu zu entdecken und zum Teil der BMW-Familie zu werden.
Opel: „Der klassische Kühlergrill spielt bei Elektroautos wie dem Mokka-e kaum noch eine Rolle. Vielmehr integriert der Vizor zukünftige Licht- und weitere Technologien nahtlos unter seiner Hightech-Oberfläche und legt sich schützend über sie.“ Mark Adams, Design-Chef Opel. Auch hier will sich die Marke Opel mit dem Redesign ein moderneres und technisches Antlitz verpassen. Zudem soll das Logo auch für „deutsche Präzision“ stehen.
Nissan: „Inspiriert haben uns Durchbrüche in Wissenschaft, Technologie und Konnektivität und die damit verbundenen, grundlegenden Veränderungen für unsere Kunden. Wie Sie sich vorstellen können, wirbelten Visionen von Digitalisierung durch unsere Köpfe.“ Alfonso Albaisa, Senior Vice President of Global Design bei Nissan. Mit dem Re-Design will Nissan so auch die Entwicklung vom traditionellen Automobilhersteller zum Mobilitätsdienstleister unterstreichen.
Neues Logo, neue Modelle
Natürlich vertrauen dabei die Verantwortlichen nicht nur auf ein „digitalisiertes“ Redesign des Logos, sondern unterstützen diesen Prozess des Wandels oder der Transformation natürlich auch durch neue Elektro- und Hybridmodelle bzw. deren Ankündigung. Nur genau diese Kombination aus neuen Modellen versehen mit dem alten etablierten Markennamen unter einem modifizierten Logo könnte im Kampf gegen Tesla zu wenig sein.
Dazu sollten wir einen Blick auf Nissan werfen. Eigentlich müsste Nissan aktuell der Elektro-Superstar unter den etablierten Automobilerzeugern sein. So war der Nissan Leaf über Jahre das meistverkaufte Elektroauto dieser Erde. So erklärte auch kürzlich der für das neue Nissan-Logo verantwortliche Designer Tsutomu Matsuo: „Unsere Pionierarbeit in den Bereichen Elektrifizierung, Fahrerassistenz und digitale Konnektivität beweist, dass dieser starke Glaube bei Nissan nie ins Wanken geraten ist. All dies vermittelt unser Logo und verdeutlicht damit unser Engagement für Kunden, Mitarbeiter und die Gesellschaft.“
All das mag aus Sicht von Nissan dieses Logo vermitteln, nur wenn man den Markt aus Kundensicht betrachtet, dann steht aktuell nur eine Marke auf dieser Erde für „Elektrifizierung, Fahrerassistenz und digitale Konnektivität“ und das ist Tesla. Damit sind wir aus Markensicht bei einem ganz wichtigen Punkt, nämlich dass es nicht genügt, dass man neue Modelle lanciert, sondern dass es ganz entscheidend ist, wer als führend wahrgenommen wird.
Modell versus Marke
Dabei fällt noch eines auf: Außer Elon Musk ist anscheinend niemand (wenn man von einigen Start-ups und China absieht) interessiert, eine Elektroautomarke zu bauen. Die etablierte Autoindustrie gibt sich anscheinend damit zufrieden, dass man Elektroautomodelle baut. Nur genau das könnte sich einmal bitter rächen. Um besser zu verstehen, worum es dabei geht, sollten wir einen Blick auf den amerikanischen Batteriemarkt werfen.
Einst war Eveready die meistverkaufte Haushaltsbatterie in den USA. Dann lancierte man die erste Alkalibatterie, die doppelt so lange hielt wie die damals üblichen Zinkkohle-Batterien. Natürlich führte man diese neue Batterie als Eveready Alkalibatterie ein. So spricht die Unternehmenslogik klar für das Konzept „Nutzung des bekannten Markennamens“. Anders sieht es aus Kundensicht aus. Kunden können neue Kategorien besser abspeichern, wenn diese neue eigenständige Namen haben.
Genau das passierte auch im Land der Batterien: Sechs Jahre später lancierte das Unternehmen P.R. Mallory ebenfalls eine Alkalibatterie. Nur gab man dieser Batterie einen neuen eigenständigen Markennamen, der zudem auch die Positionierung „hält entscheidend länger als herkömmliche Zinkkohle-Batterien“ unterstrich. Die Rede ist natürlich von Duracell. Heute ist Duracell nicht nur in den USA, sondern weltweit die meistverkaufte Alkalibatterie. Dazu sollten wir noch einmal einen Blick in die Kundenwahrnehmung werfen. Aus Kundensicht war die Eveready Alkalibatterie ein weiteres Batteriemodell unter dieser Marke, Duracell wiederum wurde zum Synonym für Alkalibatterien. So war und ist auch der Nissan Leaf für die meisten von uns nur maximal ein Modell aus dem Hause Nissan. Tesla wiederum ist aktuell das Synonym für Elektroautos.
Die e-tron Chance
So gesehen hat aktuell aus Sicht der Markenführung Audi mit der Submarke e-tron die größte Chance, sich als erste Alternative zu positionieren. So klingt e-tron mehr nach einer eigenständigen Serie von Elektroautos als nach einem weiteren elektrifizierten Audi-Modell. Aber damit bleibt trotzdem eine spannende Frage aus Markensicht offen: Warum ist keiner der etablierten Autokonzerne daran interessiert, eine eigene und eigenständige Elektroautomarke zu bauen?
Solange es nur gegen Tesla geht, könnte das vielleicht reichen. Was aber wenn andere, neue Elektroautomarken am Markt auftauchen, egal ob von einem Start-up oder aus China? So mag es jetzt vielleicht ein Aufatmen bei den etablierten Erzeugern geben, dass die Marke Byton anscheinend Geschichte ist, bevor diese Marke jemals am Markt etabliert wurde. Aber genau das könnte auch der Warnschuss gewesen sein, um doch noch die eigene Marken- und Unternehmensstrategie zu überdenken. Denn neue Modelle mit modifizierten Logos könnten letztendlich im Kampf um die Zukunft zu wenig sein. Fazit: Statt an bestehenden Marken und deren Positionierung und Logos herumzubasteln, sollte man vielleicht neue klar positionierte Marken ins Auge fassen.
Erschien im Original auf Absatzwirtschaft.de