Letzten Mittwoch (2. Dezember 2020) wurde Opel-Marketingchef Patrick Fourniol so auf Horizont.net zitiert: „Es gab zu viele Markenkampagnen, die verpufft sind.“ Damit hat er sicher den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber das ist nur die eine Seite. Die andere Seite ist, dass es Opel seit mindestens mehr als zwei Jahrzehnten an einer klaren Positionierung in der Wahrnehmung der Kunden mangelt.
Ein gefährliches Muster
Zudem hat Opel ein aus Markensicht gefährliches Muster entwickelt, um wieder auf Erfolgskurs zu kommen. So lautete etwa die Headline eines Artikels im Jahr 1998 in einer österreichischen Tageszeitung: „Wofür steht Opel? GM-Tochter auf Identitätssuche.“ Heute würden diese Zeilen wahrscheinlich so lauten: „Wofür steht Opel? PSA-Tochter auf Identitätssuche.“
Aber interessanter als die Headline war die damalige Antwort von Opel auf diese Frage, nämlich: „26 neue Modelle sollen die Marke stärken.“ Im Jahr 2005 hieß es dann: 30 neue Modelle bis 2010. 2015 hieß es dann: „Bei Opel geht es Schlag auf Schlag. Von 2014 bis 2018 kommen allein 27 Modelle und 17 neue Motoren auf den Markt.“ Und für dieses Jahr: „Opel bringt bis 2020 acht komplett neue oder überarbeitete Modelle auf den Markt.“
Die 3 Phasen der Markendehnung
Opel ist mit dieser Strategie natürlich nicht alleine. Viele Unternehmen setzen, um ihre Wachstumsziele zu erreichen, vorrangig auf immer neue Produkte unter der Marke. Interessant dabei ist, dass viele Unternehmen dabei drei Phasen durchlaufen: (1) Die Erfolgsphase, (2) die Notwendigkeitsphase und (3) die Notprogrammphase. So sind in der Regel die ersten Line-extensions einer Marke die erfolgreichsten, dann folgt eine Phase, in der es notwendig wird, um überhaupt ein wenig auf Wachstumskurs zu bleiben und dann eine Phase, wo man trotz aller Bemühungen stagniert oder sogar schrumpft.
So verkaufte Opel im Jahr 2003 in Deutschland noch 332.737 Autos, 2013 waren es 207.461 und 2014 knapp mehr mit 219.084. Letztes Jahr, also 2019 verkaufte Opel 215.900 Autos. Im selben Zeitraum sahen die Neuzulassungszahlen von Skoda so aus: Verkaufte Skoda im Jahr 2003 gerade einmal 87.402 Autos, stieg diese Zahl im Jahr 2019 auf 208.171. Gleichzeitig wuchs der Automarkt in Deutschland von 3,24 Millionen Neuzulassungen im Jahr 2003 auf 3,61 Millionen im Jahr 2019.
Der große Unterschied aus Markensicht ist nicht nur, dass Skoda überdurchschnittlich Umsatz und Marktanteile steigern konnte, sondern auch der, dass man von Skoda ein klares Bild hat. Skoda ist, wie auch der Slogan sagt, simply clever. Was aber ist ein Opel? Dies zeigt sich auch in der Rabatt- und Eigenzulassungspolitik, bei der Opel im Gegensatz zu Skoda auch regelmäßig im absoluten Spitzenfeld liegt.
So hieß es etwa im Handelsblatt vom 26. Dezember 2018: „Opel, Renault, Fiat und Hyundai gewährten für einzelne Modelle ebenfalls mehr als 30 Prozent Rabatt.“ Und weiter: „Auch mit Eigenzulassungen versuchen die Hersteller, Autos in den Markt zu bringen – vornweg Nissan mit 45 Prozent und Opel mit 44 Prozent Eigenzulassungen, wie Dudenhöffer schrieb.“ Auch das ist ein Bild, das man bei überdehnten Marken immer wieder findet. Je mehr eine Marke durch zu viele Modelle an Profil verliert, desto öfter werden nicht nur die Werbekampagnen gewechselt, desto öfter sind die Modelle der Marke auch in Preisaktion.
Händler versus Marke
Für das Management ist es oft logisch, dass mehr Produkte auch mehr Umsatz und hoffentlich mehr Gewinn bedeuten. Manager leben in einer logischen Welt der harten Zahlen. Verstärkt dabei werden die Entscheider oft vom Handel oder auch der eigenen Händlerorganisation. So ist es den Händlern oft wichtig, dass man am Point of Sale den Kunden so gut wie alle Wünsche von den Augen ablesen kann, egal ob Kleinwagen, ob Mittelklassewagen, egal ob Limousine, Kombi oder SUV.
Nur die entscheidende Frage bliebt dabei oft unbeantwortet, nämlich die: „Warum sollte der Kunde überhaupt unseren Showroom betreten?“ Wenn man dann aus Sicht der Markenpositionierung darauf keine Antwort findet, bleibt meist, wie auch oben erwähnt, nur der tiefe Preis als Lockmittel. So gesehen wird sich die Marke Opel auch weiterhin aus Markensicht im Kreis drehen. Und daran werden weder neue Modelle, noch neue Werbekampagnen und schon gar nicht Logoadaptierung etwas ändern.
Denn was Opel fehlt, ist ein klarer Markenfokus und damit eine klare Positionierung in der Wahrnehmung der Kunden. So gesehen muss Opel hoffen, dass der Slogan „Die Zukunft gehört allen“ nicht nur Wunschdenken ist. Aber eines ist auch klar. Dieser Slogan leistet mit Sicherheit nicht den geringsten Beitrag zur Positionierung von Opel. Nur genau daran sollte Opel heute arbeiten denn immer neue Modelle mit immer mehr Preisaktionen, werden auf Dauer zu wenig sein.
PS dazu: Ein neuer Slogan alleine wird auch nicht reichen. Vielmehr müsste Opel einen klaren Markenfokus definieren, der nach außen und innen wirkt, um diesen dann auf Kosten des Mitbewerbs ganzheitlich in der Wahrnehmung der Kunden und am Markt zu etablieren. Ideal dazu wäre zudem ein Leadprodukt, das diesen Fokus glaubwürdig etabliert.